1.5 Sound-Generations 151 und somit Labels und deren Kommunikation innerhalb wie miteinander gebunden. Aufführungsorte sind verlassene Fabrikhallen und andere Orte, die nach wirtschaft-lichen, politischen Umbrüchen und damit sozialen Umwälzungen »übrig blieben«, Territorien, die es neu zu besetzen galt. Wie sich in Wien einst die Arena im ehemaligen Schlachthof aufgebaut hat, ermächtigte sich später in Berlin die Szene der leerstehenden Objekte und machte sie zu ihren Zentren; der Fall der Wirtschaft in den ehemaligen Ost-Gebieten nach der deutschen Wiedervereinigung hinterließ eine Unzahl an nutzbaren Objekten – keinesfalls sind Zentren des Techno mediale Betriebe, obwohl mit deren Technologie gearbeitet wird, die vom Entwicklungssta-dium der an die Medienbetriebe gebundenen Avantgarde zu allseits verfügbaren billigen Massenprodukten mutierten. Zusätzlich zur Übernahme von Großobjekten als Veranstaltungshallen ermöglicht wirtschaftliche Verfügbarkeit, daß House zu Hausmusik wurde. Technische Anlagen, die die notwendige sensorische Fassbarkeit technisch produzierter Stimuli leisten, PA-Anlagen mit entsprechendem trebel boost wie der Wiedergabe von annähernd subsonic frequencies in leistungsstarker Form werden günstig in Handelsketten angeboten, ebenso entsprechende turntables und mixer sowie lightshow-elements. Wiederum wird technische Machbarkeit durch Massenproduktion verbilligt und damit allgemeine Verfügbarkeit ermöglicht. Dadurch wird Amateurismus begüns-tigt zusätzlich zu der an kein spezifisches handwerkliches Können gebundenen Musizierform. Demokratisierung von Musik vollzieht sich in der Produktion, in der Kommunikation der Labels wie in der Produktion im Home-Bereich. Die Dis-tribution wird in beiden Fällen unter Ausschaltung medialer Großbetriebe über das Internet selbst gemacht. Die Aufführung ist ein wesentlicher Teil des musikali-schen Prozesses dieser live Musik, des unmittelbaren amateuristischen Musizierens mit elektronisch generierten Klangmassen, in dem sich die in den Avantgarden vorbereitete technische Machbarkeit nun mit wirtschaftlicher Verfügbarkeit und psychologischer Zugänglichkeit über intuitives körpernahes Ausdrucksverhaltens trifft; ihre Szene ist mit der entsprechenden Musik demokratisiert worden. Eine Tätigkeit im Prozess von technoider Musik, die bislang im Pop eher als außerhalb des Musikalischen angesiedelt betrachtet wurde, die Auswahl der Akteure, der Anlagen, der Orte und die Gestaltung spezifischer »Einladungen« über Flyer, ist die Inszenierung von emotionalem Klima bereits im Vorfeld. Diese verschmilzt mit dem musikalischen Anspruch, um den »Mitzieheffekt« (RÖSING 2001) durch das gesamte Environment zu erhöhen. In der Filmproduktion würden diese Arbeiten zwischen denen des Produzenten und des Regisseurs angesiedelt sein. Die musikinterne Differenzierung von Musiker und Komponist ist bereits in der klassischen Elektronischen Musik mit dem Entwicklungslabor zum Studio als Kompositions- wie Klangerzeugungs-Instrument obsolet geworden. In der (bereits zeitlich und räumlich entkoppelten kollektiven) Kompositionsform des auf ein be-stimmtes Zielpublikum emotional abgestimmten Pop im Mehrspurstudio ist diese Trennung zugleich überwunden wie ausdifferenziert. Roger HOFFMANN schlägt die Bezeichnung »Autor« und »Produzent« vor. »Dem kommt die Tatsache ent-gegen, daß viele Veröffentlichungen mit dem Doppelzusatz ›written and produced by‹ ausgestattet sind« (HOFFMANN 2002, S. 95). Was für Produktionen von Pop vor Techno ebenso gültig sein mag, wo Selbstorganisation der Musik ideologisches