1.5 Sound-Generations 155 Grundlegend ist amateuristischer und damit Gebrauch gegen die Bedienungs-anleitung der Motor ästhetischer Ausformungen des Techno. Die Hypeness der Szene ist Selbstaffirmation und theoretische Untermauerung des Tuns von und für eine intellektuelle Sub-Szene. Wie in anderen Formen des Pop zeigt sich auch im Techno der Gap zwischen der breiten Lebensform und der schmalen theoretischen Stütze: politische Kraft holt diese populäre Musik aus beiden Formen, vereint man adäquaterweise die postmoderne Sicht des tausendfach Gelebt-Seins mit der Soundpolitisierung durch Theorie von JACOB (1996). Dem Wunsch, das eigene Tun auf professionelle Beine zu stellen, entspricht die Auszeichnung von Curtis Roads künstlerischer Arbeit und microsounds (ROADS 2002), der schriftlichen Anleitung zum Umgang mit Musikelektronik, beim Prix Ars Electronica 2002 – diese Formulierung bezeichnet das Paradoxon zwischen Innovation aus Missbrauch und angelernten Techniken. Gerade Techno hat bisher politische und ästhetische Position aus dem Hacking von Vorschriften geholt. Wenn man aus dem amateuristischen Gebrauch gegen die Betriebsanleitung ästhetischen Wandel ortet, dann ist der Gebrauch nach Vorschrift (weil theoriegelenkt) restaurativ. Avantgarde und Pop stehen in einem möglicherweise wechselseitigen Verhältnis: beispielsweise durch die Öffnung des IRCAM mit der Einrichtung des kommunikati-ven Forum IRCAM. Hier ist eine von einem Techniker/Philosophen/Komponisten- Team erarbeitete Kompositionssprache mit Realtime-Klangmanipulation Software MAX/MSP in die Pop-Welt gedrungen, hat die Generation jener, die Gitarre ge-gen Laptop tauschten ein neues, leicht handhabbares »Instrument« zur Verfügung bekommen, haben vernetzte Software – Communities der elitären Welt wissenschaft-licher Hervorbringung am MacIntosh mit pd (pure Data) eine Plattform beigestellt, die prozessuales Kompositions-Environment am PC kollektiv erarbeitet und zur Verfügung stellt. Kollektive Gestaltung aus informeller Kommunikation beschränkt sich nicht mehr auf die Kommunikation des Sounds und seine nun nach kommunikativen und nicht mechanischen »Regeln« prozessuale Gestaltung: kollektiv werden auch die Tools gestaltet, denen die kollektive Gestaltung des Sounds eingeschrieben ist. Open Source bezeichnet jene angeleiteten oder informellen Kollektive, die über das World-Wide-Web solche Gestaltung anstreben. Technische Machbarkeit, wirtschaftliche Verfügbarkeit oder der hackerartige Zu-griff auf Träger der Kommunikation und Distribution sind dabei zentrale Gestaltungs-mittel. Sie führen zu einer autarken am »Objekt« interessierten Musikgestaltung. Die Individualität des Gestalters und sein jeweiliges flüchtiges Produkt sind steps in einem dynamischen Prozess, sind Nodes in einem Netzwerk in dem Distribution zur Gestaltung wird. Mit diesen technischen und wirtschaftlichen Innovationen gehen Amateurisierung, Informalisierung und basale Demokratisierung einher. In Erweiterung des WEBERschen Ansatzes, dass die Beziehungen zwischen sozialen und ästhetischen Phänomenen durch die Hervorbringungen motiviert im zweckra-tionalen Handeln bedingt seien, findet eine kulturelle Mediamorphose sozialen und ästhetischen Geschehens nun durch technische und wirtschaftliche Bedingungen statt, die letztlich zu einer politischen Horizontalisierung führen – Techno als Mas-senmusizierform ist Teil dieses Konglomerats. Letztlich sind es die wirtschaftlichen