160 Populäre Kultur und ihre Musik Gestaltung aus Kommunikation wie auch hedonische Gestaltung sind zuletzt Sache des kollektiv musizierenden Pop. Sie sind grundlegend in der musikalischen Art der Gestaltung angelegt, Die eine ist objektiviert in der Polyphonie, die andere sei eine Ur-Kraft, die das Spiel zwischen Spannung und Lösung anregt und den musikalischen Satz gestaltet. Instrumentarisierung des unmittelbaren körperlichen Ausdrucks des originären Musizierens wie des intuitiven Interfaces, die Abkoppelung des Musizierens von der handwerklichen Umsetzung des vermittelnden Codes in Klänge ob der Möglichkeit direkt (körperlich) am Klang zu arbeiten, also hedonische Prozesse (im Kollektiv) sowie die allgemeine Verfügbarkeit von digitaler Technologie und Interfaces als Kul-turtechnologien, sind Bedingungen der Popularisierung der Musik. Die Übertragung dieser Gestaltungsbedingungen auf andere sensorische Bereiche ist beispielhaft für die Bedeutung musikalischer Bedingungen in der digital culture, ihre grundsätzlich hedonische Gestaltung wie der körperhafte allgegenwärtig verfügbare Zugang zu ihr (durch Interfaces). Was als Crossover erscheint, ist die Musikalisierung der Künste. Pop-Musizieren bringt das gemeinsame unmittelbar körperlich hedonische Gestalten mit verfügbaren oder eroberten Technologien in die digital culture ein; Verfügbarkeit und Interfaces erlauben gestaltende Prozesse in kommunikative einzubinden. Pop- Musizieren als kollektives Gestalten ist dann nicht nur Modell der digital culture, sondern ihr wesentlicher Teil. Dies macht ihre wissenschaftliche Diskussion unter Einbindung des Populären, der Pop-Musik, notwendig. Digital culture ist zugleich an eine hochmediatisierte wie unmittelbare Körper- Umwelt-Interaktion gebunden. Die Virtualisierung der Umwelt entzieht die körperli-che Interaktion der physikalischen Basis – sie stellt sie auf eine hedonische. Dadurch erfährt der Körper eine Neudefinition, die in der Pop-Musik vollzogen wurde. Mit der Reduktion auf lebenssteuernde Regulative eröffnet sich eine Basis für eine populäre Kultur, eine Erlebniskultur, eine Alltagskultur. Der theoretische, methodische wie ideologische Ansatz der experimentellen Ästhetik erhält neue Bedeutung. Gemeinsam mit wirtschaftlichen, sozialen und politischen Prozessen nähert sich diese Lebensform einer neuen Art, einer Kultur von unten (vgl. BLAU-KOPF, BONTINK, GARDOS & MARK 1983), einer allgemeinen Kulturtechnik. 1.6 Zusammenfassung War der Rock’n’Roll der fünfziger Jahre der Versuch der Politik, die ideologische Abwanderung der Jugendlichen durch eine kontrollierte Spielwiese zu bremsen, so vollzog sich im britischen Rock der sechziger Jahre erstmals der Versuch der Abnabelung der Rock-Haltung von der wirtschaftlichen Trägerschicht durch den Aufbau generationseigener Mechanismen beispielweise im Mersey. Hier beginnt popular culture als selbstbestimmte Jugendkultur im Gegensatz zur Kultur für die Jugend der fünfziger Jahre; hier liegt die Avantgarde der durch die technische Machbarkeit vorbereiteten wirtschaftlichen Verfügbarkeit von Technologie und ihrer psychologisch intuitiv Zugänglichkeit ermöglichten selforganization der Rap- und Techno-Kultur, der digitalen Pop-Culture. Denn die digitale Signal- und Informa-tionsverarbeitung, die digitale Prozessorsteuerung und Informationsspeicherung