1.6 Zusammenfassung 161 erbrachte erst im Verein mit der nun möglichen vollautomatisierten Produktions-technologie und der Auslagerung dieser Produktion in Billiglohnländer jenen Schub, der zur Massenproduktion und Verbilligung qualitativ hochwertiger Geräte führte und somit zur allgemeinen Verfügbarkeit von Produktions- und Distributionsmitteln an deren Bereitstellung die Beatles und mit ihnen der linke Geist der 60er-Jahre scheiterten. Aus einer kontrollierenden Kultur für die Jugend ist zunehmend eine Jugendkultur geworden, eine selbstorganisierte Kultur, die durch Mitbestimmung/Partizipation über Interaktion und nicht über Vorgabe reaktiver Verhaltensmuster, denen zu gehorchen sei, strukturiert ist. Sie stellt anstelle von europäischem Gehorsam Hedonismus ins Zentrum ihrer horizontalen Struktur. Hat die Wirtschaft als Macher von Politik diese kontrollierende Funktion gehabt, so hat sie aus Profitbestreben weitgehend ihre eigene Macht unterminiert. Die massenhafte Bereitstellung von billigen Produktionsmitteln und Distributionsmitteln hat auch dem Hackertum Mittel in die Hand gegeben; eine digitale Popularkultur funktioniert ob dieser Verfügbarkeit und Enteignung von (Wirtschafts-) Strukturen. Was die Avantgarden postulierten, ist im Pop verwirklicht; in der digitalen Popularkultur ist der stets hedonische Charakter der Pop-Kultur nun mit der Strukturierung von Codes zusammen geführt und notwendiger Teil dieser Kultur – der hedonische Körper ist zum Maß der Gestaltung des Willkürlichen geworden. In der Kunst des common digits (JAUK 1999b) ist der Crossover zwischen den Künsten vollzogen, ist das Allgemeine eingedrungen, ist Kunst mit Leben ver-schmolzen, sind die Neuen Künste popularisiert – ein Rückschritt im Prozess der Mediatisierung hin zur unmittelbaren Körperlichkeit ist ein beobachtbarer Faktor dieses Crossovers. Die idealistische Verdrängung des Körpers ist mit der Glorifizierung der zeichen-haften Schrift, mit der symbolischen Repräsentation der Welt als Kultur vollzogen. Aus zweckrationalem Handeln entsprang nicht nur die zeichenhafte Interaktion mit der Umwelt, technologische Innovationen sind zunehmend auf die unmittelbare körperliche Interaktion mit dieser und einer virtuellen orientiert. Sowohl für die Herausbildung symbolischer Repräsentationsformen wie für die unmittelbar kör-perliche Interaktion mit der Umwelt ist Musik ein Paradigma. Die Notation bringt das flüchtige klangliche Ereignis auf die Ebene der Zeichen, das Instrument ist die Instrumentarisierung des körperlichen (Ausdrucks-) Verhaltens. Notation bringt das Verständnis von Sprache als dominantes in die Musik und schafft das Werk. Die Instrumentarisierung des emotionalen Ausdrucksverhaltens ist bestimmender Teil des pop-musikalischen Musizierens, des unmittelbaren sprechenden Klangformens. Die Digitalisierung konvertiert den Klang selbst in die Welt der Willkürlichkeit und enthebt ihn seiner physikalischen Grenzen. Sie bestimmt auch seine Reihung als primär hedonische. Kunst der Codes, digital culture sind als Strukturierung bedeutungsneutraler Elemente hedonische Prozesse. Mit der Digitalisierung tritt eine weitere Musikalisierung der Kultur ein, wie sie zuvor durch die Erhöhung der Geschwindigkeit in der Informationsgesellschaft durch die spezifische Raumwahr-nehmung bei passivem Körper geortet wurde. Die Beschränkungen der zeichenhaften Notation wird mit zunehmender Besinnung der Neuen Musik auf ihre Klanglichkeit und die Entfernung von der gedanklich nach-