2.2 Das Konzept Pop-Musik 169 Unter der Prämisse der Sonderstellung von Musik als erregungsbestimmte Ge-stalt, als erregender Faktor im Konglomerat Pop-Kultur zur Herausbildung eines emotionalen Klimas wie des Pop-Musizieren als instrumentarisierte (emotionale) Ausdrucksbewegung, soll Pop-Musik als bestimmender Teil von Pop-Kultur, soll Pop als Teil einer notwendigerweise hedonischen digital culture betrachtet werden. 2.2 Das Konzept Pop-Musik – vom sprachorientierten Verständnis der Musik zum Verständnis des körperhaften Musizierens Der Forschungsgegenstand Pop hat sich mit seiner Selbstreflexion geändert. Obwohl stets so gelebt, hat erst die eigene Theoretisierung diesem Leben gesellschaftliche Bedeutung gegeben und gleichsam eine Forschung von innen gebracht. Vor allem Pop als sounddominierte Körpermusik wie die Pop-Theorie als Teil von Pop werden als jene primären Lebenspraxen theoretisiert, die Pop politische Wirkkraft geben – hier treffen postmoderne Sichtweisen von Massenphänomenen mit deren aufklärerisch moderner Sicht zusammen. Das Erwachsenwerden der die Jugendkultur tragenden Jugendlichen ist die ambivalent zu bewertende Implikation dieses Mechanismus. Die ursprünglichen Spex-Macher befinden sich heute im Kreis der universitären Pop-Kultur-Forscher. Ist sie damit noch sich selbsttragende Jugendkultur, wie zu den Zeiten des Mersey-Beat oder ist sie wiederum eine Kultur der intellektuellen Erwachsenen für die Jugend – oder: ist Jugend ein neu bestimmter Begriff gerade über Pop geworden? (vgl. SCHULZE 2000) 2.2.1 Das Selbstverständnis von Pop als sounddominierte Körpermusik In der Entwicklung der musikalischen Schrift sieht Max WEBER (1921) jenen technischen Fortschritt aus dem Bedürfnis zweckrationalen Handelns begründet, der neben der sozialen Ausdifferenzierung seiner Realisierung bis hin zum Erklingen die Ausbildung des komplexen Werkes durch das gedankliche Setzen der Töne in einem komplexen stimmigen Satz ermöglichte. Das beziehende Denken (RIEMANN 1914/15) sei jene diesem gedanklich Gesetzten adäquate Art des musikalischen Vollzugs. Das beziehende Denken ist dabei als die auf die Ebene der Zeichen gehobene Formalisierung des In-Beziehung-Setzens der akustischen Momente bei der Wahrnehmung des Klanges als Zeitgestalt zu erachten sowie anderer strukturierender Wahrnehmungsprozesse (SLOBODA 1985). Interpretatorische Arbeit besteht darin, dieses Konstrukt von Zeichen in ein klingendes Etwas zu überführen, dessen Struktur verstehend zu hören sei; das Erklingen sei aber keine notwendige Rezeptionsart des musikalischen Verstehens. Das musikalische Werk existiert als System gesetzter Zeichen. Diesem Verständnis von Musik liegt ein semiotisch sprachorientiertes Denken zugrunde. Diese Entwicklung zeichenhaft repräsentierter Musik geht einher mit der Vor-herrschaft des Verstehens gegenüber dem Empfinden, das sich an Klanglichkeit und ihrem Signalcharakter orientiert. Als Mediatisierungsphänomen ist das Zeichen