2.2 Das Konzept Pop-Musik 171 (BLAUKOPF 1989, SMUDITS 1988a,b, 2002a,b), die durch technische Möglichkeiten nun den Körper zunehmend zum Zentrum von Musik macht. Die Schrift stellt den Übergangsmodus dar, der es erlaubt, Zeichen des Klangs zu organisieren und zu speichern – die Technik erlaubt die Speicherung des Klan-ges selbst und daraus seine direkte Organisation und Manipulation; es ist eine Sache der Interfaces, diese Eingriffe in den Klang selbst mit dem körperlichen Ausdrucksverhalten kurz zu schließen – die körperliche Steuerung des Feedback-Loop eines Gitarre-Verstärker/Lautsprecher-Systems kann als adäquates rockmusikali-sches Spielverhalten einerseits und andererseits als Paradigma des Body-Interfaces erachtet werden (JAUK 2002a,b; BECK 2004). Spielweisen aus der Körper-Klang-Koppelungen benötigen nicht die Schulung, die die spieltechnische Umsetzung von Zeichen benötigt – solche Techniken entspringen originärem Musizieren, das als instrumentarisiertes Ausdrucksverhalten an solche unmittelbar durch den Körper den Klang formende Instrumentarien gebunden ist. Dieses musizierende Verhalten begünstigt amateuristisches Musizieren. Instrumente werden dabei nicht als vermittelndes Werkzeug zwischen Zeichen und Klang, sondern als die Extension des Körpers und seiner Ausdrucksmöglichkeiten im Bereich des Klangs der Stimme und der Bewegung des Körpers erachtet; beides anthropologische Ursprungstheorien von Musik. Die Qualität des dominierenden Sounds im Pop weist einen Bias in Richtung Erregung auf. Pop ist das Spiel mit Sounds, die direkt Teil der Aktivierung sind und ebenso direkt auf die Aktivierung wirken – primär ob ihrer Klanglichkeit und der Lautstärke wie auch ihres dynamischen Verlaufs. Die instrumentelle Extension körperlicher Erregung ist als erregender Sound die konnotative Basis physiologischer wie psychologisch wahrgenommener Erregtheit, die wiederum Basis für politische und lustvolle Erregung ist – die konnotative Grundlage für Klimata des aufklärerischen wie des hedonischen Pop. Die Musikinstrumentenindustrie hat diese pop-musikalischen Spezifika, das dilet-tantische originäre Musizieren mit dem erregenden Sound verstärkt. Die maschinelle Fertigung der Gitarre hat die allgemeine Verfügbarkeit und damit den Amateurismus begünstigt. Der aufreizende Sound ist einerseits ein Artefakt der Massenprodukti-on billiger Instrumente, andererseits wurde gerade in der Verstärkerindustrie der erregende Sound bewusst konstruiert. Scharfe angezerrte crunchy sounds, die hohe Rückkoppelungsanfälligkeit ein-facher (single coil) Tonabnehmer sind Markenzeichen der Firma Fender, die das Instrument zur Massenfertigung patentiert hat. Die bewusste Übersteuerung von Verstärkerstufen, Kultivierung der Artefakte der notwendigen Lautstärkeanhebung für die Beschallung großer Säle, die – zusätzlich zur solid-body-guitar – auch zur Änderung des Gitarresounds vom perkussiven zum sustainreichen Sound führte, ist die Domäne der britischen Instrumentenfirmen. Ihr Sound prägt das europäische intellektuelle wie virtuose Spiel mit Gegenhaltung. Die elektronische Klangerzeugung eröffnete neue Klangwelten und eine leichte Handhabung. Elektronische Klangwelt und mediatisiertes Spiel sowie elektroakusti-sches Spiel der Gitarre wirken aufeinander ein. Zu Beginn hat das Klangideal wie das Spielverhalten der Gitarre die spezifischen klanglichen Möglichkeiten der Synthesizer überstrahlend zurück entwickelt, später hat die reichhaltige Klangmodulation des