174 The exciting Sound of Pop schließlich der Kern seines Gegenentwurfs zu rational bestimmter Lebenshaltung: Hedonismus. Die Umbewertung von Kunst als (Alltags-) Leben ist Teil dieses mittlerweile selbstbestimmten Gegenentwurfs. Der wissenschaftliche Zugang blieb vorerst in den Traditionen und Methoden jener Haltungen verhaftet, gegen die sich Pop richtete. War Gegenhaltung als aufklärerische Haltung diesem Denken auch eigen, so liegt Hedonismus außerhalb davon. Bedeutung vermittelnde Zeichensysteme, wie Sprachen sie darstellen, sind Implikationen jenes Denkens. Die Betrachtung von Elementen des Pop als Stimulan-tien geht mit einem hedonischen, emotionalen Konzept einher und erhält einerseits durch die empirische Einsicht in die wirtschaftliche Welt Verstärkung, die von einer durch den Gebrauchswert von Produkten zu einer durch deren Erlebniswert, das Image, bestimmten Welt wird, andererseits durch Pop selbst. Techno verkörpert jene funktionale Sicht, in der gerade musikalische Elemente des Pop als Stimulantien genutzt werden, die zu konkretem Verhalten/Leben anregen und darin Brüche in einem politischen System darstellen – ein Konzept, das sich rückwirkend auf Pop insgesamt anwenden lässt, das Pop als emotionales Klima betrachtet, in dem kultur-und naturwissenschaftliche Forschung zusammenfinden. Die Selbstreflexion des gelebten Pop war Motor der Haltungsänderung, die zunehmend in die universitäre Wissenschaft dringt. Der gelebte Pop und die Neuen Künste sind jene Studienfelder, die Hedonismus als be-ob-achtenswert in die wissenschaftliche Haltungen einbrach-ten, die von einer aus der mechanistischen Sicht generalisierten elementaristischen unidirektionalen Betrachtungsweise der modernen zur pluralen kontextualen der postmodernen Wissenschaftshaltung führten. Die Zuwendung hochkultureller Institutionen mit ihren Beobachtungsmethoden führte nicht nur zu bewertenden Klassifizierungen wie Trivialmusik (vgl. RAUHE 1968), sie führt die Massenkultur auch aus ihrer profanen Existenz heraus (vgl. BROCK 1977) – die mittlerweile selbst akademisch gebildete Jugend nimmt diese Funktion im institutionalisierten Rahmen ein. Die Selbstübernahme des Pop durch die Jugend – zuerst durch die Szene und ihre Orte, mittlerweile durch ihre theoretische Bestimmung (JACOB 1996; KLEIN 1999) fußt zugleich auf Gegenhaltung wie auf Hedonismus als Triebkräfte. Dem aufklärerischen Gehabe wird das Spiel, das Unterwandern als lustgetriebenes Han-deln beigestellt, letztlich verdrängt die Lust an der Lust jegliches Sendungsdenken. Das Spiel mit der Lust wird von Masters of Ceremonies initiiert über Sound erregt, es ist eingekleidet in kollektives Erleben, gleichsam als Verstärker individuellen Empfindens in der interaktiven Interpassivität (WEINZIERL 2000) von techno-raves. Die theoretische Basis dazu liefert eine Generation, die selbst Teil dieser Szene ist. Pop-Kultur ist damit seiner – nach authentizitätstheoretischem Anspruch – Grundideologie nach selbstbestimmte selbstorganisierende Kulturform, die diese Selbstorganisation auch konsequenterweise und notwendigerweise in ihrer wissen-schaftlichen Selbstreflexion leistet. Die Betrachtung aus jener Kultur, gegen die sich Pop (einst) richten sollte, wurde zu einer teilnehmenden Beobachtung und schließlich zur wissenschaftlichen Selbsterfahrung – Pop-Forschung weist sich damit als emanzipierter Teil des Pop aus. Dazu musste Pop-Forschung kulturelle und wissenschaftstheoretische Schranken durchbrechen. Pop-Kultur wandte sich von der Zuschreibung, eine aufklärerische