2.2 Das Konzept Pop-Musik 175 Gegenkultur mit hedonischerWurzel zu sein, zu einer nicht mehr gegen das Rationale gerichteten hedonischen Kultur, dem Selbstverständnis des gelebten Hedonismus; die Schranken einer Geistkultur wurden in Richtung einer Körperkultur durchstoßen. Dieser Durchbruch ist begleitet vom methodischenWandel. Der Position des externen Beobachters folgte die des internen Akteurs, der den Gegenstand erforscht, den er zugleich auch kreiert. Auf diesemWeg zur Selbstbestimmung richtete sich die Pop-Forschung zunehmend an den Modellen der Forschungen von innen aus, die in der Soziologie (GIRTLER 1988) und Anthropologie entwickelt, den Versuch darstellen, eine verstehende, teil-nehmende Beobachtung zu leisten, denn die Beobachtung von Werthaltungen sollte auf der Einsicht in die gruppendeterminierenden Werthaltungen basieren und damit auf der Möglichkeit ihrer methodischen Kontrolle wie selbstverständlich der Kontrol-le der Werthaltungen der Beobachter. Die mit Pop erwachsen gewordene Generation erkannte die Fehlblicke aufgrund idealistisch geprägter Werthaltungen auf Pop aus der Reflexion der eigenen Erfahrung: primär den rational sprachorientierten Blick auf eine emotional klanglich erlebte Kultur, geprägt von unmediatisiertem, originär musizierendem Verhalten. Die Vorstellung eines Kommunikationsprozesses von Emotion über ausdrucksvolles Spielverhalten und aktive Rezeption fand zunehmend Interesse. Damit erfolgte eine Orientierung an anthropologischen Theorien von Verhalten und Emotion und an einem Verständnis für ein Methodeninventar, das mehr noch als nur teilnehmende Beobachtung ist: »[It is the] attempt to understand behaviours and belief systems from within, that is, the necessity for making the effort to understand other musics and other styles of emotional expressions from the perspective of their owners« (BECKER 2001, S. 135) Pop-Musik-Forschung wurde von der auch die Pop-Kultur kontrollierenden For-schung von außen zur Forschung von innen und damit zu einem wesentlichen Faktor der Pop-Kultur. Möglicherweise erst durch ihre Interpretation – wie das die Vertreter des eher zeichenorientierten Denkens sehen – bekommt das Verhalten politischen Gehalt und damit Bedeutung zugewiesen (JACOB 1996/1997). Dagegen steht die (ebenfalls szeneeigene) funktionale Sicht, dass abseits jeglicher Zuschreibung von Bedeutung Pop als Verhalten gelebte Einstellung ist und darin politisch wirkt. Damit schwächt sich auch die Vorstellung eines antagonistischen Spiels zwischen authentischem Utopienentwurf und Distribuierung seiner geglätteten Form über die Wirtschaft ab. Die produzierende Industriegesellschaft ist, dem ihr eingeschriebenen Weg fol-gend, zu einer konsumierenden Erlebnisgesellschaft geworden – Pop hat diesen wirtschaftlichen Weg als Alltagskultur wie als Wissenschaft erkannt und benutzt; andererseits nutzt die Wirtschaft den nun theoretisch gestärkten Pop (vgl. JACOB 1995) – jedenfalls ist Pop Teil dieses gesellschaftspolitischen Prozesses. 2.2.3 Pop-Musik-Forschung am Weg zur kulturwissenschaftlichen Forschung des funktionalen Sounds Die musikalische Praxis des hedonisch-dissidenten Klangs, des von Artefakten der Verarbeitung dominierten Sounds, seine hohe Theoretisierung, das Eindringen