188 The exciting Sound of Pop den Beobachtungen von Johann Christian ALBRECHT (1734) ist Musik als akusti-sches Ereignis Vibration, die die Nerven bewegt und dadurch schädliche Materie ausscheidet, wodurch im Gehirn andere Gedanken entstünden, dadurch wirke Musik schmerzlindernd. Diese mechanistische Alchemie zeigt zumindest die Auffälligkeit des Bezugs von Musik mit Emotion und Körperlichkeit und das Bedürfnis, diesen zu erklären. Die im Leib-Seele-Problem verankerte Diskussion des Ursprungs von Gefühlen um den Primat von Körper (JAMES 1884; LANGE 1885) oder Bewusstsein (WUNDT 1874) ist heute korrelativen Konzepten anstelle von kausalen gewichen. CANNON (1927) kritisiert die in beiden Ansätzen angenommenen Automatismen. Kognitive Ansätze sehen in der Bewertung des Gegenstandes der Gefühle den Auslöser und haben damit vor allem die Vorstellung von Gefühlen als aktivem Prozess erkannt. Erst solche Theorien sind in der Lage, musikalisches und allgemein ästhetisches Verhalten zu erhellen, wo ein und derselbe Gegenstand der Wahrnehmung bei glei-chen Wahrnehmungsmechanismen aufgrund der Erfahrungen aus unterschiedlichen subjektiven wie soziopolitischen Kontexten zu individuell verschiedenen Emotionen und konnotativen Wahrnehmung führt. Abseits dieser kontextuellen Einbindungen werden Emotionen im Labor an künst-lich konstruierten Stimuli oder an systematisch nach bestimmten Parametern vari-ierten Musikstücken (HEVNER 1936) gemessen. Bei hoher experimenteller Kontrolle möglicher Störvariablen ist dabei die Generalisierbarkeit auf reale Hörsituationen problematisch. Dies trifft gerade auf multimediale Events zu, in die körperbetontes Hören ins verstärkende Kollektiv sowie in multisensorische Surroundings einge-bunden ist, wie dies Pop-Erleben war, abseits des für kurze Zeit zum Mainstream theoretisierten kontemplativen Konzerts in der Folge des aufklärerischen Gehabes der späten sechziger Jahre. Wurde vorerst die over-all-Wirkung von Musik auf Emotion und ihre Struktur beobachtet, folgten Experimente zur Ausdifferenzierung der Bedingungsgrößen: Welche musikalischen Parameter bedingen welche Emotionen. Die künstliche Va-riation musikalischer Parameter allerdings missachtet ihren systemischen Bezug im kompositorischen Gefüge. Musikalische kompositorische Arbeit ist oftmals die Überhöhung physikalischer Gegebenheiten: Dynamiksteigerung ist die Komposition des physikalischen Miteinander von Lautstärke, Klangfarbe, Tempo und Hüllkurve der Klänge sowie ihrer zeitlichen Bezüge. Diesen im Labor die Bedingungsgrößen isolierenden Experimenten stehen Unter-suchungen gegenüber, die nicht experimentell provozierte Emotionen als Gefühlsre-gungen (EWERT 1983), sondern möglicherweise verhaltens- und einstellungsbestim-mende emotionale traits, Stimmungen (EWERT 1983), an Präferenzen verhaltensnah messen. Dabei werden Spezial-Publika in konkreten Rezeptionssituationen ebenso untersucht wie das allgemeine musikbezogene Verhalten im Alltagsleben (de NORA 2000; SLOBODA 1999; SLOBODA, O’NEILL & IVALDI 2001; SLOBODA & O’NEILL 2001). Besucher von Konzertveranstaltungen zeigen sowohl intrinsische Motivation zum persönlichen Informationsgewinn als auch extrinsische Motivation, an einem ge-sellschaftlichen Ereignis teilzuhaben (JAUK 1986). Die Rezeption meist medial vermittelter populärer Musik im every-day-life ist funktional als Stimmungsauf-