192 The exciting Sound of Pop Dissonanz zur Erregung bestimmter emotionaler Zustände führen; Erklärungen dafür waren gestische Ausdrucksmodelle physiologischer Zuständlichkeiten. Das späte 19. Jahrhundert brachte mit dem Fokus auf die Fortschreitung innerhalb der Musik auch die Vorstellung der melodischen, rhythmischen Bezüge als Basis von Gefühlen: Beziehungen zwischen syntaktischen Elementen seien die Auslöser von Gefühlen; Beziehungen, die – letztlich historisch bedingt – erlernte Verknüpfungen von kompositorischen Aspekten und Konnotationen herstellen. Die Vorstellung eines affektiven Lexikons innerhalb semiotischer Theorien wandten AGAWU (1991) und ALLENBROOK (1983) auf westliche Kunstmusik, TAGG (1982) auf populäre Musik an. Ihnen gemeinsam ist die theoretische Arbeit von COOKE (1959). In der Language of Music erhebt er den Anspruch, die emotionale Bedeutung in der westlichen (Kunst-) Musik generell zu erklären, wobei er grundsätzlich die Spannung als in tonalen Stufen, Intervallen eingeschrieben zu erkennen glaubt. Er erklärt diese emotionale Besetztheit in Generalisierung aus jener, die er in Texten und textbezogener Musik vorfindet und wendet sie auf autonome instrumentale Musik an. TAGGs (1982) theoretische Vorstellungen über die emotionale Besetztheit populä-rer Musik sind ähnlich, zudem empirisch gestützt. Analog zu sprachlichen Phonemen nimmt er Museme an, die die emotionale Bedeutung bestimmter harmonischer, melodischer, rhythmischer und klanglicher Eigenschaften bezeichnen. Unterschied-lich wahrnehmende Individuen haben bei ein und demselben Musem vergleichbare emotionale Empfindung (inter-subjective comparison), der Austausch ähnlicher Museme führt seinen Beobachtungen nach zu ähnlichen emotionalen Empfindungen (inter-objective comparison). Obwohl historisch überformt, nimmt die grundlegende Theorie eine natürliche Basis der Konnotation von Musemen an, die sie universell kommunizierbar machen. Die Spannung der Intervalle ist durch ihre spezifische Stellung der Teiltöne zuein-ander bedingt – Traditionen gründen auf diesen natürlichen Prinzipien (COOKE 1959). TAGG (1992) identifiziert neben »style indicators« und »genre synecdoche«, die sich auf Normen und (somit) kulturelle Bedingungen beziehen, »anaphones« und »episodic markers«, die Bezüge zu der kinetischen, taktilen und klanglichen Qualität sowie zur strukturellen Funktion des Bezeichneten aufweisen. Grundsätzlich sind solchen Erklärungen (auch zeitlicher Erscheinungen) die Gefahr eines Essentialismus eingeschrieben; die bedeutungslenkende Komponente materialer Eigenschaften scheint jedoch bereits dem Signalcharakter von Klang eigen zu sein – materiale Qualitäten werden mit der Annahme präsentativer (LANGER 1942) und ikonischer Zeichen auf die Zeichenebene weitergeführt. In Towards a sign typology of music lehnt sich TAGG (1992) diesen Übergangsformen an. Die Stützung der Parallele zwischen europäischer Kunstmusik und der zeitgenössischen populären Musik als Teil einer gemeinsamen kulturellen Tradition kritisiert MIDD-LETON (1990, S. 234) grundsätzlich. WALSER (1993) hingegen sieht abseits der Weiterschreibung spätromantischer, emotionsmalender Musik im Hollywood-Film und der funktionalen Musik für Film und TV Berührungen (zumindest) zwischen heavy metal und romantischer Musik des 19. Jahrhunderts hinsichtlich Ideologien, die mit solcher klangträchtiger Musik assoziiert sind, und der Performance.