194 The exciting Sound of Pop situationsspezifischen Vorstellungen operieren, nahe. Dimensionale Konzepte stehen funktionalen Vorstellungen näher, sie sind abstrakter und lehnen sich an die Tatsa-che an, dass sprachliche Bezeichnungen von Gefühlen weniger die Gefühle selbst als deren kognitive Reflexion betreffen. Dieses zeichenhafte Verständnis dominiert die theoretischen Vorstellungen über Musik und Emotion innerhalb europäischer Kunstmusik und deren Weiterführung in pop-musikalischen Formen, die im Art- Rock nur eine Ausformung finden. Dass Musik primär funktional wirke, wird in diesem ästhetischen Weltbild minder bewertet – gerade diese Möglichkeit von Mu-sik wird implizit im Pop genutzt und weist ihrer Musik im Vergleich zu anderen Elementen der Pop-Kultur einen besonderen Stellenwert zu (RICHARD 2000). Diese kulturwissenschaftliche Betrachtung des Pop gibt der emotionspsychologischen, musikwissenschaftlichen Pop-Musik-Forschung eine Orientierung. Die Musikphilosophie (KIVY 1987, 1989, 1990, 1999) fasst die musikpsychologische Diskussion um Musik und Emotion zusammen und sieht zwei konkurrierende Positionen: »die des ›musical emotivist‹, der davon ausgeht, daß die emotionale Wirkung der Musik über die tatsächliche Erzeugung realer Emotionen im Hörer erfolgt, und die des ›musical cognitivist‹, die vermutet, daß wir mit der Methode des Analogieschlusses (auf der Basis des vokalen Emotionsausdrucks bei Mensch und Tier) vergleichbare akustische Formen in der Musik als emotionale interpretieren (ohne entsprechende Emotionen auch tatsächlich zu empfinden)« (ZENTNER & SCHERER 1998, S. 9). Einen Schritt in Richtung Entscheidung erwarten ZENTNER & SCHERER, indem sie eine Befragung betreffend den subjektiven Eindruck beim Hören bestimmter musikalischer Figuren umgehen. Nach KIVY (1989) würde sich darin möglicherweise ein Begleitphänomen der traditionellen sozialen Repräsentationen des Musikhörens darstellen; die Erfassung des Ausdrucksverhaltens selbst könnte die Beziehung klären helfen. Gerade Pop ist nicht nur auf der Seite der Rezeption, sondern ebenso auf der Seite der Generierung durch die Verknüpfung von Emotion und körperlichem Verhalten als Ausdrucksverhalten von Emotionen, als emotionale körperbestimmte Klangmusik charakterisiert. Ein Zusammenhang, den die Musikpsychologie – an Traditionen gebunden – am expressiven interpretatorischen Verhalten mit Bezug auf die kinetischen Bedingungen des Körpers als eine Art physikalisches Modell des Ausdrucksverhaltens untersucht, dessen mögliche Anwendung sie in robotics erwähnt (TODD 1995), ist für Pop die essentielle Gestaltungsart, die unmittelbare (mechanisch mögliche) Gestaltung aus der Körper-Erregungs-Klang-Koppelung. Jüngere Publikationen fokussieren die Konstruktion von Interfaces, orientiert am Ausdrucksverhalten. Sie beschränken sich aber wiederum auf musikalische Interfaces und generalisieren nicht deren Modellhaftigkeit für den intuitiven Zugang und die Allgemeingültigkeit dieser Kommunikationsform für außermusikalische Belange. Der Klang der Stimme ist die primäre körperliche Ausdrucksgestalt der Emotion, die in Pop instrumentarisiert wird. Fasst man die vorliegende Literatur zum Aus-druck von Emotionen in der Sprechstimme zusammen, dann zeigt sich, »daß sich die bislang untersuchten akustischen Eigenschaften eher zur Differenzierung des Erre-gungsniveaus eignen« (ZENTNER & SCHERER 1998, S. 11). Aus Erregung und ihrem körperlichen Verhalten entsteht Pop, Erregung und entsprechendes körperliches Verhalten induziert Pop in der Rezeption.