202 The exciting Sound of Pop (SLOBODA & JUSLIN 2001, S. 79). Das Fehlen dieser interpersonalen Synchronizität geht mit psychischen Störungen einher (BUNT & PAVLICEVIC 2001). Dieses Ein-stimmen über emotional besetzte vorsprachliche Kommunikation ist die Urform der Einstimmung zu Massenphänomenen. Pop-Musik spielt primär mit solchen ex-pressiven dynamischen Qualitäten und erzeugt emotionale Bindungen und (damit) Massenphänomene. Für Susanne LANGER (1953) ist Musik die (Re-) Präsentation der ›dynamic form‹ emotionalen Erlebens, nicht konkreter Emotionen. Diese philosophischen Betrachtungen gehen mit dem psychologischen Konzept der vitality affects konform, die in keiner anderen Kunstform besser als in der Musik ausgedrückt werden können. Psychologische, kulturphilosophische und kunstwissenschaftliche Betrachtungen treffen sich hinsichtlich der Einschätzung der Sonderstellung der Musik und ihrer dynamischen Qualitäten als emotionale kulturelle Größe – gerade diese unmittelbare Kommunikation und ihre Asemantik machen (Pop-) Musik im Vergleich zu anderen Künsten zum primären Katalysator in der emotional bestimmten Pop-Kultur (RI-CHARD 2000), in einem emotionalen als politischen Klima. Musik ist »an architecture of vitality affects« (IMBERTY 1997), vitality affects machen den protonarrativen Charakter der musical time aus; was speziell für klassi-sche Musik zu stimmen scheint, dürfte für die unmittelbarer am Ausdrucksverhalten und einer darin gering mediatisierten Musik noch eher gelten. Dieses basale psycho-logische Konzept der Kommunikation von Emotion durch dynamische Elemente ist für die klangdominante Pop-Musik adäquat, ihr vorsprachlicher kommunikativer Charakter ist hinsichtlich der Allgemeingültigkeit damit weiterhin auf den tiefer liegenden anthropologischen und physiologischen Ebenen zu betrachten. Die Anthropologie kümmert sich um die Hervorbringung kultureller Eigenheiten durch den Menschen, sie schließt die Frage nach zugrundeliegenden Gesetzmäßigkei-ten nicht gänzlich aus, sie verneint also das methodische Vorgehen der naturwis-senschaftlichen Psychologie nur insofern, als diese ihre Forschung auf das isolierte Individuum außerhalb des Kontextes stellt, den wir Sozietät und Kultur nennen. Auf der Suche, was der Begriff Emotion basal bedeutet und wie sie mit Persön-lichkeit einher geht, bietet sich das arousal – Erregung – als (steuernder) Prozess des autonomen Nerven Systems (ANS) an. »[It is one of the] most important aspects of musical performance and plays into all studies of music and emotion (see MEYER, this volume [2001], see SCHERER & ZENTNER, this volume [2001]; see SLOBODA & JUSLIN, this volume [2001]). The heart beats faster, the puls rises, breathing becomes shallower, the skin temperature rises, and the pattern of brain waves becomes less regular. All theses changes have been observed without necessary reference to the affective, interpretive components of arousal. They may occur in relation to sexual activity [. . . ] as well as to musical listening« (BECKER 2001, S. 144). Erregung nimmt in den Gefühlstheorien und in der Pop-Musik eine dominante Rolle ein, sie bestimmt ihre Beziehung. Die Theorie der Emotion von JAMES & LANGE geht davon aus, dass die Kenntnis der physiologischen Erregung die Basis von Gefühlen ist, die Bewusstseinspsychologie reiht Erregung als Folge eines psychi-schen Zustandes ein – heute wird die korrelative Beziehung präferiert, physiologische Anteile sind aber nicht notwendigerweise mit Gefühlen verbunden. Während die