2.3 Pop als Stimulans 203 genannten Theorien Stimuli als Auslöser von Gefühlen sehen, nimmt die kognitive Forschung die Bewertung dieser Stimuli auf dem Hintergund der persönlichen Erfah-rungen als Auslöser von Gefühlen an. Im Kontext kollektivierender Aspekte scheint der Erregung zentrale Bedeutung zu zu kommen. Die Diskussion über die Beziehung von Emotion und Erregung gehört in den Bereich der Grundlagenforschung und der Bestimmung von Gefühlen – dies ist hier von sekundärem Interesse. Hohen Erklärungswert für den Bezug von Pop-Musik und Gefühlen hingegen hat die Koppe-lung von Gefühlen mit Erregung, möglicherweise als körperlicher Anteil und dessen psychisches Erleben in einem komplexen Prozess der Gefühlsentwicklung. DAMASIO (1999, S. 79), ein Promotor der Verkehrung der Bedeutung von Ratio und Emotion für das menschliche Sein, schlägt vor, Emotion mit ANS arousal in Zusammenhang zu bringen, das Feeling mit der eher komplexen kognitiven, kulturellen Zuschreibung, als das Feeling zur Emotion. Ist der Terminus Feeling an situative Bezüge und die kulturelle Zuschreibung in Form von verbalen Bezeichnungen gebunden, ist Emotion eine vor jeder Bedeutung emotionsbezogene Komponente von Gefühlen. Judith BECKER meint, Emotion »[is] a universal response to musical listening; [. . . ] musical arousal can contribute to extreme states of emotion« (BECKER 2001, S. 145). Dies trifft vor allem eingebunden in verstärkende Events statt. »Music has the ability to make people feel good (c. f. GABRIELSON this volume6, SLOBODA & O. NEILL this volume [2001]) [. . . ] The happiness of listening to music [. . . ] is in part the simple result of musical arousal« (BECKER 2001, S. 145). Dass zumindest im Mainstream Musik als Verstärker angenehmer Stimmungen und als Stimmungsaufheller im Alltag konsumiert wird, stützt die These von der hedonisch bestimmten Erlebnisqualität von Musik, basierend auf Arousal, auf Erregung. »We tend to feel better, when we are musically aroused and excited« (BECKER 2001, S. 145). Die mit Situationen assoziierte begriffliche Bezeichnung von Gefühlen hat auch mit der sprachlich verbundenen Reflexion des Arousals zu tun: »The musical stimulation should not be minimized. Music can be a catalyst for a changing state of consciousness (c. f. PERSSON this volume [2001])« (BE-CKER 2001, S. 145). Als Anthropologin gibt BECKER Beispiele von Musik als Medium der Transzendenz im Rahmen von Handlungen mit rituellen Bezügen. Sie erwähnt konkret Ähnlichkeiten zu speziellen Situationen: »saecular musical events such as rock concerts«, was noch adäquaterweise durch Techno-Events zu ergänzen wäre, wo das interpassive Rezeptionsverhalten durch repetitive musikalische Formen von Masters of Ceremonies initiiert wird. Diese sind ähnlich jenen rituellen Zeremonien mit Führern, die die Masse über monotone, rhythmisierte Laute und Bewegungsvorgaben kollektiv bewegen. Einem Sozialisationsprozess entsprechend werden Habits durch Interaktion mit anderen Personen in ähnlichen Situationen angenommen: Das Verhältnis von privaten und kulturellen Emotionen verschwimmt – sie wirken aufeinander. »The emotions are private and public, interior and exterior, individual and communal« (BECKER 2001, S. 150) Emotion ist ein persönliches und zugleich kulturelles Phänomen. Dies führt zur Sicht auf Emotion aus eher individualpsychologischer, der Na-turwissenschaft verpflichteten Suche nach Gesetzmäßigkeiten, ja biologischer Sicht und Emotion als anthropologisches, kulturelles Konstrukt in der Nähe des BOUR- 6 JUSLIN & SLOBODA (2001)