2.3 Pop als Stimulans 207 – die physiologische Zuständlichkeit bei Gegenhaltung und Hedonismus ist mögli-cherweise die gleiche: Erregung. Die gesellschaftspolitische Implikation dieser in unterschiedlichem Kleid erscheinenden Erregung ist Sache der Zuschreibung und somit Sache des aufklärerischen oder postmodernen Diskurses – in beiden Fällen wirkt sie davon unabhängig: zuerst als Erregung, die als motivationale Größe ent-sprechendes Verhalten provoziert; durch die Zuschreibung erhält sie gesellschaftliche Wertung und daraus weitere Wirkkraft. Kategoriale Konzepte von Gefühlen liegen dem Sprachkonzept und der Benennung situationsspezifischer konkreter Gefühle näher. Dimensionale Konzepte meinen, die Grunddimensionen jeglichen emotionalen Erlebens abstrakt zu erfassen, die Dimension activity geht auch mit der erlebten körperlichen Erregung einher. Diese Differenzierung von situations- und inhaltsbezogenen Emotionen von grund-legenden Zuständlichkeiten findet in der psychologischen Image-Forschung wie in der emotionsbezogenen Pop-Forschung fruchtbaren Boden. Obwohl selbstverständlich nicht darauf eingeengt, ist die physiologische Seite der Zuständlichkeit gerade im Bereich Pop-Musik von spezifischer Bedeutung, da Pop als sounddominierte Musik mit dieser Zuständlichkeit spielt, was sie spätestes im Techno dann selbst als die Basis ihrer Musiktheorie formuliert und die ästhetische Haltung damit von medialer Auffassung zu einer sensorisch funktionalen mutiert. Diese Lösung von Gefühlen aus ihrem (situativen, begrifflichen) Kontext entspricht in der Forschung zuerst nicht einer eigenständigen Wertschätzung der Erlebnisdimen-sion activity wie der physiologischen Erregung, sondern einem strengen experimen-tellen Denken und findet methodisch in der standardisierten Befragung und in der Beobachtung von Indikatoren von Gefühlen, der physiologischen Komponente, ihren methodischen Ausdruck. Beide Isolierungen haben für die Pop-Musik-Forschung hohen Erklärungswert, sie zeigen, welche der sie dominierenden Strukturparameter mit jener Zuständlichkeit einher gehen, die dann im Kontext von Surroundings zu einem bestimmten Verhalten führen, das seinerseits Pop-Kultur ausmacht. Es gilt der Hypothese nachzuspüren, dass bestimmte strukturelle Elemente die Erregungsdi-mension bestimmen und damit emotionale Qualitäten zwar nicht determinieren, aber lenken, indem sie die Wahrscheinlichkeit für ihren Gebrauch als Bedeutungsträger im kulturellen Geschehen auf bestimmte Qualitäten einengen – besser: bestimmte emotionale Klimata funktional begünstigen. Dieses experimentelle Denken kennt grundlegend zwei methodische Ansätze, um direkt nicht beobachtbare Emotionen zu erforschen: die standardisierte Befragung und die Beobachtung physiologischer Indikatoren von Gefühl. Der eine Forschungs-ansatz versucht Gefühle über gleichsam unbewusste Aussagen (über emotional Besetztes und gefühlsmäßige Zustände) zu erfassen, also jene Aspekte von Gefühlen, die der rationalen Kontrolle entzogen sind. Er löst diese aber zugleich von sprachlich-begrifflichen Zuweisungen zu Gefühlen mit situativen Bezügen und versucht anstelle von Benennungen Konnotationen zu messen – dieser Zugang steht in Verbindung mit einem dimensionalen Konzept von Gefühlen. Der andere Forschungsansatz indiziert Gefühle über physiologische Korrelate; vor allem Erregung und ihre Intensität werden damit gemessen. Auf der Ebene der Begrifflichkeit versuchte Kate HEVNER (1936) die Konstrukti-on eines Instruments zur Messung emotionaler Qualitäten. Aufgrund empirischer