2.3 Pop als Stimulans 211 bloß im Schwelgen im Klang wertend formulieren – sei es auch, weil dieses Schwelgen der rationalen Kontrolle entzogen die Potentialität zur (politischen) Verführung in sich trägt (ADORNO 1970). Gerade diese aus der politischen Sicht ADORNOs kritisierte direkte Klangwirkung ist dem seinerseits politisch wirkenden kollektivie-renden sounddominierten Pop adäquat (vgl. BEHRENS 1997). Techno baut in seiner Musiktheorie ausschließlich auf etwas, was Pop stets eigen war – Verführung als authentisches, als kommerzielles wie auch als autonom hedonisches Produkt ist ihr politisches wie kommerzielles Ziel. Aktivierung und ihr lustvolles Erleben scheint einigen nicht-normativen Theorien der Ästhetik zentral zu sein, Aktivierung primär hervorgerufen durch Reizeigenschaf-ten bzw. durch die Verarbeitung der durch Reize hervorgerufenen Information im Wechselspiel zwischen motivationalen und kognitiven Prozessen (MUNSINGER & KES-SEN 1964). Im Überschneidungsbereich zwischen Informationstheorie, Kybernetik und Semiotik sehen die Informationsästhetiker ästhetischen Lustgewinn im Gelingen der Reduktion von Information durch das Zusammenfassen von Einzelzeichen zu Su-perzeichen im Wahrnehmungsprozess (vgl. BENSE 1969). Der Grad der subjektiven Möglichkeit zur Superzeichenbildung bestimme den hedonisch-ästhetischen Wert einer Reizvorlage; dies impliziert, dass Lernprozesse im Umgang mit Information als Erfahrungen in das ästhetische Erleben eingehen. Diese kognitiven Erweiterungen der klassischen Informationsästhetik funktionieren auf einem Mehrstufenmodell der Wahrnehmung (vgl. NEISSER 1967) und sehen Informationsverarbeitung in Analogie zur maschinellen Datenverarbeitung. Im Zentrum der BERLYNEschen experimentellen Ästhetik (1970, 1971, 1974) steht Aktivierung unmittelbar hervorgerufen durch Reizeigenschaften. BERLYNE führt das Zustandekommen ästhetischen Erlebens auf Änderungen des bestehenden Niveaus physiologischer Aktivierung zurück. Aktivierungssteigernde Reize wirken dann hedonisch, wenn das physiologische Aktivierungsniveau zuvor niedrig war, sie wirken jedoch lustmindernd, wenn das Aktivierungsniveau zuvor sehr hoch war. Hier können aktivierungssenkende Reize einen Lustgewinn hervorrufen, während solche Reize bei zuvor niedrigem Aktivierungsniveau als unangenehm erlebt werden. Ein mittlerer Grad an Aktivierung stellt für ein Individuum das optimale Erregungsniveau dar, das präferiert und angestrebt wird, sein Erlebniswert hat verstärkenden Charakter für die Herbeiführung, das Aufsuchen dieser Situation. Ausschlaggebend für die Aktivierung seien physikalische Aspekte des Reizes, seine Intensität. Komplexität wurde ursprünglich als Reizeigenschaft definiert und ist danach von BERLYNE (1970) als subjektive Größe betrachtet worden, die mit Neuheit, Überraschung, Zweideutigkeit unter dem Begriff collative Variable zusammengefasst ist. Diese Reizeigenschaften sind letztlich durch kognitive Prozesse des Vergleichs gekennzeichnet. Ein neu eintreffender Reiz muss jeweils mit anderen, früher erworbe-nen, also in einem kortikalen Speicher abgelagerten, oder mit anderen, gleichzeitig eintreffenden Reizen verglichen werden, damit individuell bewertet werden kann, wie komplex, neu und damit überraschend (damit weiterhin erregend) er ist. Pri-mär werden diese Vergleichsprozesse auf der Ebene der syntaktischen strukturellen Elemente angestellt, Interaktion zwischen formalen und inhaltlichen Elementen bestimmen aber beispielsweise den Überraschungswert. Collative Variablen können als Informationen quantitativ erfasst werden. Die Informationstheorie definiert dabei