212 The exciting Sound of Pop den Informationsgehalt über die Wahrscheinlichkeit des Auftretens eines Ereignisses, seines isolierten bzw. seines kombinierten Auftretens in seriellen Prozessen wie der Musik. Das ästhetische Erleben steht in umgekehrt u-förmigem Bezug zur emp-fundenen Komplexität von Stimuli. Ästhetisches Erleben wird durch Aktivierung aufgrund von syntaktischen Elementen der Reize und Hemmprozesse bei zu hoher Aktivierung geregelt. Ästhetisches Verhalten ist durch den Verstärkungscharakter von angenehmer Erregung durch Reizeigenschaften bestimmt. Subjektive Reizquali-täten, die Interpretation der Reize auf der Basis der Erfahrungen, sind es, die den Neuheitswert und damit die Erregung hervorrufen und das ästhetische Verhalten als Zuwendungsverhalten, als das Aufsuchen entsprechender sozialer Situationen bestimmen. Mit dieser bereits kognitiv zu bewertenden Sicht ist auf der Basis der Wahrnehmung von Objekteigenschaften individuelles und situatives ästhetisches Verhalten als in soziale Prozesse eingekleidet erklärbar. Was mit der Ästhetik von unten (FECHNER 1876) als psychophysikalische For-schung begann, lebt als new experimental aesthetics (BERLYNE 1974), bereits im psychobiologischen Ansatz mit dem implizit kognitiven Konzept Neuheit des Stimu-lus angedacht, mittlerweile explizit eingekleidet in kognitive Forschung (KONÉCNI 1977). Erregungsinduzierung direkt durch Stimuli ist nicht zu leugnen, kogniti-ve Prozesse der Reizverarbeitung und das Wechselspiel zwischen motivationalen und kognitiven Prozessen der Reizverarbeitung modifizieren hedonisches Erleben zusätzlich zu externen Besetzungen von Reizen und internen, persönlichkeitsspezifi-schen Dispositionen emotionaler und physiologischer Art. Dieses hedonische Erleben bestimmt Verhalten und tritt damit in soziale Prozesse ein – erregungsinduziert begünstigt es weiterhin die Ausbildung emotionaler politischer Prozesse. Die Beziehung zwischen syntaktischen Elementen, die Ordnung, Aufmerksamkeit und Spannung erleben lassen, ist implizit in der (gestaltdominierten informati-onsästhetischen) BIRKHOFFschen (1933) Vorstellung der Reizrelationen gegeben, im SCHENKERschen (1936) Ursatz formuliert und letztlich die Basis der auf der WUNDTschen (1874) Theorie der Aktivierung basierenden experimentellen Ästhe-tik BERLYNEs (1970, 1971, 1974), die hedonisches Erleben als angenehm erlebte Aktivierung, hervorgerufen durch die Komplexität syntaktischer Elemente, postu-liert. Formalisierbar ist Komplexität als Information, als Wahrscheinlichkeit des Auftretens von Ereignissen oder Ereignisfolgen. Die Bewertung von Hedonismus hat sich verschoben. Nicht nur eine allgemeine Informalisierung ist beobachtbar, Hedonismus ist zur notwendigen Gestaltungskraft geworden – die experimentelle Ästhetik stand an der Wiege dieses kulturellen Wan-dels zur hedonischen popular und digital culture. Kontrolle hedonischen Erlebens war und ist gemeinhin ein Mittel der Machtausübung. Lange vor der Entwicklung der Künste vom Kunstwerk zum immersiven und damit lustvollen, partizipato-rischen Prozess hat die Ästhetik von unten zu einer Liberalisierung ästhetischer Erfahrungsmöglichkeiten geführt. Sie ist nicht »nur als methodologische Variante« der Ästhetik, sondern gerade wegen der an der Allgemeingültigkeit der Aussagen orientierten Methodik »praktizierte Aufklärung« (ALLESCH 1988, S. 29). Die new experimental aesthetics (BERLYNE 1974) bricht gänzlich mit diesen ideologischen Haltungen des Besonderen wie damit, Kunst und ästhetisches Empfinden sei die kulturprägende Bewältigung des Hedonismus. In Pop kulminiert diese Informali-