216 The exciting Sound of Pop In den high intensities der Techno-Events, wo mit so hohen Lautstärken gefahren wird, dass diese nicht nur körperliche Reaktionen hervorrufen können, sondern klar körperlich rezipierbar sind, gipfelt eine Ästhetik, die dem Hören und Verstehen das Spüren und Reagieren entgegensetzt. Hier wird Erregung zu einem selbstständigen Wert. Die theoretische Stützung kommt aus anthropologischen Ansätzen, die eine Klang-Körper-Erregungs-Koppelung annehmen, und experimentalpsychologischen Untersuchungen zu driving effects. Dass high intensities nicht bloß hohe Lautstärken, sondern auch extreme Klänge (und Rhythmen) bedeuten, leitet über zur Wirkung von Sounds im allgemeinen. Bereits der Klang selbst wirkt auf der Dimension Erregung. Möglicherweise ist darin ein Rudiment der Signalwirkung des Klanges als Emotionslaut zu sehen, der mit zunehmender Erregtheit höhere Klanganteile besitzt. Die Erfahrung der Koppelung von Bewegung und Erregung, Klangverhalten (als Bewegung) und Erregung ist das vermittelnde Glied; Sound ist die zur Metapher ge-wordene Materialisierung dieser Koppelung: physiologische Erregung in der Stimme wie physikalische Erregung in der Bewegung als Ursache wie Wirkung von Klang. In beiden Fällen geht mit steigender Intensität ein stärkeres Schwingungsverhal-ten erregter (sich bewegender) schwingungsfähiger Medien einher und damit ein obertonreicherer Klang, der – empirisch belegt – klar als aktivierender erlebt wird (JAUK 2000a). Klang ist physikalische Bewegung, wahrgenommene innere und wahrnehmbare äußere Bewegung. Johann SUNDBERG (1987) beschreibt den Zusammenhang zwi-schen physiologischen Vorgängen, Emotionen und Bewegung im Zusammenhang mit dem stimmlichen Laut. Im Klang, den eine Emotion begleitet, im klanglichen Ausdrucksverhalten, ist die Heftigkeit von Erregung an Spannungszustände und Energie – also an wahrnehmbare innere Bewegung – gekoppelt, was sich nicht nur im lauteren Emotionsklang, sondern mit zunehmender Erregung auch im höher und schriller werdenden Emotionslaut niederschlägt, der als akustisch körperliche Geste erscheint. Das Konzept sharpness (BISMARCK 1974; vgl. STEVENS 1934; GUIRAO & STEVENS 1964) bezeichnet die psychologische Seite dieser letztlich physikalischen Verquickung, in der mit zunehmender Spannung die Tonhöhe, mit zunehmender Energie die Wahrscheinlichkeit für Teilschwingungen steigen, und deren physiologische Wahrnehmung. Klare Korrelationen zwischen Sharpness und Activity belegen diese möglicher-weise phylogenetisch verankerte, psychologische Signalwirkung von Erregtheit: die Koppelung von Bewegung, Emotion und ihrem klanglichen Korrelat (JAUK 2000a). Eine bisher unveröffentlichte eigene experimentelle Untersuchungsreihe hat die konnotative Wirkung von harmonischen Klängen eigentlich zum untergeordneten Ziel, gleichsam um Hinweise für die emotionale Bedeutung von Klängen unter-schiedlicher Distanzwahrnehmung zu untersuchen. Eine Reihe von Experimenten prüfte die akustische Perspektive, die Sekundärinterpretation von Klangfarbe als Raum-Tiefen-Information, als räumliches Distanzmaß. Unterschiedliche Klangfarben sollten dabei auf der Medianebene lokalisiert werden. Die Erfahrung, dass entfernte Klänge ob der allgemeinen Dämpfung leiser und der erhöhten Wahrscheinlichkeit der Dämpfung amplitudenschwacher oberer Teiltöne dumpfer sind als nahe führt zur entsprechenden Wahrnehmung bei der Darbietung verschiedener Klangfarben.