2.3 Pop als Stimulans 225 den hedonisch/ästhetischen Empfindung. KONÉCNI (1977) modifiziert BERLYNEs (1970, 1971, 1974) psychobiologischen Ansatz – mit dem Konzept Neuheit bereits implizit kognitiv – explizit als kognitiv-emotionalen: Nicht nur physiologische und emotionale Reagibilität, sondern kognitive Prozesse, Bewertungen und verbal be-griffliche Bezeichnungen des Erregungszustandes, werden als erregungsbegünstigend mitberücksichtigt. Die physiologische Erregung steht in Verbindung mit ihrer Wahrnehmung und mit der Konnotation von Activity. Beide werden von der Intensität der syntaktischen Elemente und- wie noch zu zeigen sein wird – auch deren kognitiver Qualität als Neuheit beeinflusst. Dennoch: hohe Intensitäten dürften diese kognitiven Komponenten überstrahlen. Rockmusik mit hoher Intensität in ihren bestimmenden Parametern ist allgemein Erregung durch Sound, Rhythmus und Dynamik – in dieser erregenden Komponente liegt die Körperhaftigkeit in Spiel und Rezeption, im (kollektiv erlebbaren) Hedo-nismus dieser Erregung liegt die Potentialität für ihre massenhafte Rezeption (vgl. BENJAMIN 1968) und damit für die Popularität dieser Musik und der wesentlich durch sie als Medium im naturwissenschaftlichen Sinn (WICKE 1992) realisierten Kultur – einer multisensorischen Erlebniskultur (JAUK 2005). 2.3.3.7 Das Environment als Erregungsverstärkung Meist treten im Kontext pop-musikalischer Rezeption außermusikalische Bedingun-gen verstärkend auf, wobei der Kontext selbst als Katalysator wirkt. Bereits Musik der dissidenten Gegenkultur trägt alle innermusikalischen Merkmale in sich, die vor allem in der entsprechenden Stimmung und in bedeutungsgebendem Bezug durch Surroundings unmittelbar Erregung erzeugen; die hedonische Kultur baut gänzlich auf die lustvolle Aktivierung durch klangliche Reize in einem erregen-den multisensorischen Rahmen. Gilt die gegenseitig verstärkende Kongruenz mit dem entsprechenden Umfeld für alle Pop-Situationen, ist sie für die Techno-Szene selbstdefinitorisch, wie es Ulf POSCHARDT (1995) beschreibt. Die gezielte Erregung von Erregung ist Paradigma des pop-musikalischen Musizie-rens, das im Techno seine explizite Äußerung fand. Die Situation des Konzerts und die multisensoraler Environments von Techno-Events mit all den motivationalen Surroundings ist Verstärker der emotionalen Reagibilität (HARRER & HARRER 1985) und erzeugt einen »physiologisch-vegetativen Mitzieheffekt« (RÖSING 2001, S. 180). »Techno [ist] nicht primär Musik zum Anhören, sondern zum Mitmachen« (ebenda, S. 180). Roland HAFEN (1993; 1998) führt in seinen Untersuchungen empirisch belegte Funktionsfelder und Erlebnisdimensionen von Pop-Musik zusammen. Vorrangig psychophysiologische Aspekte wie Intensität und Qualität des Körpergefühls, die mit Involvement (»Du bist dann ein Teil der Musik«) und Arousal verbunden sind (POSCHARDT 1995), rangieren an vorderster Stelle. Zeichenhafte Aspekte oder gar deren Nutzung zur Kommunikation von Botschaften sind diesem körperlich-emotionalen Konzept offensichtlich untergeordnet. Wie oben angeführt ist der Erregungswert der Musik indirekt Motiv für die Wahl des Environments der Rezeption.