230 The exciting Sound of Pop Musizieren kehrt zurück. Interfaces unterliegen jenen Implikationen des expressiven körperlichen Musizierens, das Pop-Musizieren bestimmt. Immersion ist ein Charakteristikum der Medien-Kunst. »Denn die vollständige sinnliche Einbindung des Zuschauers [. . . ], der Kurzschluss der Retina mit der Leinwand und des Trommelfells mit der Lautsprechermembran ist in immersiven Umgebungen erklärtes Ziel« (BELSCHNER 2000, S. 345). Immersion ist auch jene Qualität, die aus dem originären Pop-Musizieren in das technoide Environment der interaktiven Avantgarden hinein drang und nun zunehmend zurück in die Alltagssituation des Pop, der DJs und Diskotheken wirkt, wenn der kommerzielle Markt Tools bereitstellt, die Klangmodulationen gezielt nach Körperbewegungen vornehmen. Sowohl in der Produktion wie in der Rezeption von Pop, von Musik der high energy und intensities wie der Monotonie durch pattern structurings wirken sich Mechanismen der hedonischen Regelung wie Empfindung von bedeutungsneutralen syntaktischen (Klang-) Elementen als kompositorische Vorgaben wie als Rezep-tionsmuster aus. Der Körper als Regulativ in der Sound-Arbeit wird damit zum Modell sensorischer Stimulation im multisensorischen Gefüge bedeutungsneutraler Elemente. Die Mehrfachcodierung/Stimulierung des spätromantischen multimedialen Kon-zerts, der psychedelische Event, die Pyrotechnik und Light- and Laser-Show der Großkonzerte sind im Disco-Tempel kulminiert. Nicht nur visuelle Füllelemente, sondern die parallele Stimulierung zeichnen einerseits die Weiterführung und zu-gleich die Überholung des multimedialen psychedelischen Events der Factory aus. Das elektrische Signal bzw. das Common digit (JAUK 1999b), das »Grundalpha-bet « (CLAUS 1997, S. 80) im digitalen Code, begünstigt ob seiner willkürlichen Transformierbarkeit in parallele Stimuli, die unterschiedlichen Sensorien zugänglich sind, multisensorische Arbeit, kompositorische Arbeit über die sensorisch definierten Kunstsparten hinweg und damit Erregungsverstärkung in einem multisensorischen Environment. Was heute – über diese technische Machbarkeit der digitalen Avant-garde zugeteilt wird, ist in non-narrativ inszenierter Musik angelegt, ist im Pop als entsprechendes Surrounding zum Sounderlebnis vollzogen – heute verschwimmen gerade hier die Grenzen zwischen dem musikbezogenen und dem Zugang aus der Bildenden Kunst in die populären Digital Arts. Der hedonische Wert von Klang und seiner Strukturierung, die Erregung durch syntaktische Elemente, ihr Spannungswert, sind gestaltende Kräfte und Motivation der Rezeption des vorerst asemantischen, apragmatischen Sounds sowie anderer bedeutungsneutraler Stimuli. Die Reduktion auf das Spiel mit Spannung, ist das Spezifische von Musik, von Pop-Musik und zugleich das Spezifische der digital arts – Pop und die Avantgarde der bildenden Künste berühren sich hier systematisch. Pop ist animierend-agitatorisches Musikszenarium, der aufklärerische Zug ist weder in ihrer Generierung noch in ihrer Rezeption dominant, er ist im Diskurs dominant und zeugt vom zeichenhaften Sprachverständnis der Forschung, deren Theoriengebäude aus der artifiziellen Musik entlehnt war. Spätestens mit Techno ist das Bewusstsein von Pop-Musik als funktionale Größe mit impliziter politischer Wirkung ins Bewusstsein der Forschung getreten.