236 The exciting Sound of Pop an Pop-Musik als originäres, funktionales und damit unmittelbar kommunikatori-sches Phänomen, so ist es keinesfalls die Preisgabe des sprachorientierten Denkens. Dass diese Klangformung zeichenhaft gebunden werden kann, ist nicht ausgeschlossen – hier wird dann möglicherweise das Spezifische von Pop verdrängt und überformt und tritt in die Welt der zeichenhaften Bedeutungen ein. Die semiotische Deutung des Pop-Sound als ikonisch ist bereits der Zugang zu Klang als einem sensorisch kommunizierenden Phänomen. Sie impliziert zwar auch die Prädisposition von Klang und seiner Bedeutung, unterschätzt möglicherweise aber Klang und unmittelbares Erlebnis – Pop kommuniziert primär nicht auf der Bedeutungs-, sondern auf der unmittelbaren Erlebnisebene. Der semiotische Deu-tungsversuch kommt einem Wissenschaftsbild näher, das versucht, mediatisierte Prozesse vor unmittelbare zu stellen, das die Gefahren eines Essentialismus durch seine Missachtung zu verringern versucht, während die (pop-bezogene) Imagefor-schung, vorrangig an Stimulantien interessiert, täglich für die (Pop-) Wirtschaft arbeitet. ADORNO (1970) hat es als »verführendes Schwelgen im Klang« wohl richtig erkannt, was heute in Pop und Werbung wissenschaftlich untersucht funktioniert, wo Musik und Klang funktional genutzt, wo Images anstelle von Produkten verkauft werden. Erregung ist eine – wenn auch nicht notwendige – Komponente von Emotion. Der Erregungsgrad lenkt mögliche Bedeutung auf solche mit bestimmtem Erre-gungswert assoziierten Bedeutungen; die Allgemeinheit dieses Bezugs bestimmt den kommunikativen Wert. Es sind dies unterschiedliche, innermaterielle Aspekte, die eine Musik funktional zum Schlaflied machen, ein andere Musik mit anderen materiellen Eigenschaften zum Marsch. Vorrangig rhythmisch-dynamisch-klangliche Elemente erregen diese unterschiedliche Bewegung funktional. Gerade diese inhaltliche Nicht-Determiniertheit von Erregung, wohl aber ihr tendenziell inhaltlich leitender Wert macht erregenden Sound im Gefüge von Pop zu einem spezifischen Material zur Erregung jener Konnotationen, die ein emotionales Klima bestimmen; hingegen können andere Teile von Pop durch ihren semantischen und pragmatischen Wert gerade diese emotionale Qualität nur eingeschränkt erregen. Für die Pop-Kultur-Forschung ist Sound im Unterschied zu anderen Signs der Pop- Kultur wegen seiner inhaltlichen Unbestimmtheit, zugleich ob seiner unmittelbar emotionalen Wirkung, das primäre Medium des Pop (RICHARD 2000). Die Musik und ihre in der Klanglichkeit begründete Spezifität, Sound als primärer Parameter von Pop-Musik, Pop-Musik als primärer Teil von Pop-Kultur – in dieser Bestimmungskette ist Sound weniger ein Medium, denn Katalysator eines emotionalen Klimas Pop. Treffen wir einen Versuch der vorsichtigen Unterscheidung in den Funktionsweisen von Pop und Pop-Musik. Die »semiologische Guerilla« (ECO 1985), der Krieg der semantischen Umdeutung durch die Enteignung identitätsstiftender Zeichen auf der bedeutungsgebenden Seite der Rezipienten, mag in den Surroundings von Pop eine tragende Rolle spielen. Die im Pop dominante Pop-Musik funktioniert zu allererst aufgrund einer funktionalen Koppelung von Klang und emotionaler Erregung. Vor jeder zeichenhaften Verknüpfung ist Sound eine Form von Körperpraxis (LEPPERT 1993). Der Gebrauch von Zitaten, deren Spiel mit Verfremdung etc. markieren