244 The exciting Sound of Pop modulierende) Spielweise des monophonen Synthesizers im Pop der Gitarre entlehnt; das Spiel ist lautmalerisch und insofern ikonisch zeichenhaft, gestisch ausdruckshaft dem Emotionslaut verbunden. Erst die technische Klanggenerierung und -modulation, anfangs entlehnt aus der klanglichen Gestaltung der musique concrète (mit dem Studio als Instrument) und den Techniken der Live-Elektronik, den Tonband-Techniken der Amerika-ner, 16 danach im Live-Sampling, später mit turntables und Bewegung-Klang-Licht- Koppelungen im Umfeld des Pop erarbeitet, leisteten die direkte Klanggestaltung. Letztlich ist dies ein Rückschritt in der Entwicklung der Musik als Mediatisierung des Ausdruckslautes, der Ausdrucksbewegung. Diese Klangerzeugung ist in ihrer unmittelbaren Ausdrucksform und der ebenso unmittelbaren Erlebensform, der klanglich ausgedrückten Emotion und ihrer funktionalen Wirkung aufgrund der basalen Allgemeingültigkeit, der Sprache der Zeichen und ihrer kommunizierten Bedeutung aufgrund von Konventionen gegenüber gestellt. Direkte Klanggestaltung im Pop ist primär funktionale Erregungserzeugung im Gegensatz zur medialen Über-tragung von Bedeutungen – das Instrumentarium des Pop ist daraufhin optimiert. Die Avantgarden der elektronischen Musik durch Gebrauch von Medientechno-logie zur Klang-/Musikerzeugung sind an den Rundfunkstudios entstanden und später in universitären Ausbildungs- und Forschungseinrichtungen tradiert; sie sind nach technischer Machbarkeit und deren kommerzieller Verfügbarkeit, teils als public domain software, teils als open source Entwicklungen, in die Allgemeinheit und damit in einen populären Bereich gedrungen. Dabei hat sich die Musik in der Verschiebung ihres sozialen Aktionsfeldes gänzlich geändert: Das Besondere wich dem Allgemeinen; hochmediatisiertes, an das Verständnis von Zeichen und deren Umsetzung, somit an das Lernen und seine sozioökonomischen Implikationen gebundene Prozesse wichen einerseits dem gering mediatisierten Spiel, der direkten Formung des Klanges mit dem Körper, andererseits der Nutzung von Manipulations-techniken der Betriebssysteme von PCs – dem Gebrauch zwar hoch mediatisierter aber mittlerweile dem Allgemeinwissen entlehnten Techniken der direkten Klangfor-mung: beides hat Amateurismus begünstigt und informelle – nicht nur musikalische – Strukturen verstärkt. Eine Mediamorphose der sozioästhetischen Strukturen durch Verfügbarkeit von Klang, Musik und Technologie. Determinierten Strukturen des Werks wurden zu horizontalen eines musikalischen Prozesses, in dem der Schöpfer im spätromantischen Verständnis als geniales Individuum zum austauschbaren, bloß initiierenden Teil eines Prozesses geworden ist, der selbstgenerierend abläuft und damit dem der Volksmusik nahe kommt. Zugleich hat Pop das Material Sound entmediatisiert (WICKE 1998), er wird zunehmend ohne Bezug auf seine Hervorbringung verwendet, er wird abseits sei-ner physikalischen Bedingungen erzeugt und gehandhabt, er wird weiterhin ohne Referenz auf eine mögliche vorige Verwendung gebraucht. Selbst wenn DJs und Techno-Musizierende vorgefertigte Musik verwenden dann nicht als Zitat oder Ver-weis – selbst nicht im Bewusstsein dieser Möglichkeit, sondern als puren Sound. Wird im DJ-ing der Klang abseits seines verweisenden Charakters als funktionale Größe 16 Die Erfahrungen Steve REICHs mit der unmittelbaren Klangverarbeitung gingen in die patt-ernstrukturierende und schleifenbildende Kompositionsart mit den Zeichen ein und brachten die Minimal Music hervor (vgl. SCHAEFER 1987).