2.5 Pop ist instrumentarisierte körperliche Soundarbeit 247 der E-Avantgarde entwickelt Pop selbst technische Strukturierungen, allerdings aus dem Musizieren heraus. Technisches Looping wurde für kanonische Strukturen des Selbstdialogs im Pop eingesetzt. Les PAUL erweiterte bereits in den 50er Jahren sein Spiel mit live gespeicherten Riffs; in den 60er Jahren entwickelten Robert FRIPP und Brian ENO mit dem Frippertronic eine Pattern-Structuring-Machine, um die minimalistische Strukturarbeit live zu verwirklichen – in der Art eines reaktiven Man-Machine-Musizieren (JAUK 1995a). Strukturarbeit im Pop ist körperliche Soundarbeit im Dienste der direkten Len-kung des Verlaufs der Wirkung von Sound – stets Intention des Pop, im Techno primäres Ziel und inszeniert durch DJs und Masters of Ceremonies (POSCHARDT 1995). Die parawissenschaftliche Legitimierung stützt jene Punk-Haltung, die Gitarre ge-gen Power-Book tauschte, die hackerartig Artefakte mit High-Tech-Instrumentarium provozierte und die high intensities mit naturwissenschaftlicher Akribie strukturierte und ideologisch das Soundbild des Punk weiterführte. Klang ist nicht Zitat oder Verweis, Klang ist direktes Stimulans. Sampling ist nicht »das aufklärerische Aus-stellen von Geschichtlichkeit und Zeichenhaftigkeit« (DIEDERICHSEN 1996, S. 111), Sampling ist die hedonische Verwendung des erregenden Sounds. Die Führung der MCs von Menschenmassen in Großdiscos durch den Abend mit erregenden intensiven repetitiven Klanggestalten und die Popularität dieser gängigen hedonischen Art zu musizieren und rezipieren lässt den Vorwurf CAGEs an Glenn BRANCA, er lasse durch die Dichte seiner Musik dem Hörer keinen freien Willen, verblassen. Zugleich erhält er durch den Auszug der High-Intensity-Music aus dem Konzertsaal und ihre Beherrschung des musikalischen Geschehens in der öffentlichen Rezeption neues politisches Gewicht. Naturwissenschaftliche Legitimation, Bekenntnisse zu einer Ästhetik der rei-nen Dichte verbindet die Grundsätze der Klangkonstruktion der elektronischen Schule Kölns mit den Intensities des Punk und driftet mit parawissenschaftlichen Bekenntnissen zur Kraft des Natürlichen in den Bereich der Esoterik. In der Rezep-tion vermischen sich Techno-Event mit Goa-Party. In der Generierung baut grüne Elektronik auf Naturphänomene mit computergenerierter Exaktheit; sie scheut in der Art des pop-spezifischen Missbrauchs zugleich nicht physikalische Ungenauig-keit und strukturelle roughness durch Techniken des Trial&Error und nutzt mit Clicks&Cuts&Bursts Artefakte der technischen Strukturierung – egal, ob aus der Verarbeitung digitaler Samples über Schieberegler am Sampler oder über die Maus am PC, egal, ob aus der Verarbeitung analoger Schallplattentracks über deren Manipulation mittels Turntables. Als instrumentarisiertes Ausdrucksverhalten definiert lässt sich Pop als Mediati-sierungsphänomen betrachten – unmittelbare Nutzung (und teilweise Instrumenta-risierung) des Emotionslauts wie Instrumentarisierung des Emotionsverhaltens. Im agitatorischen Part einer Emotion liegt die spezifisch pop-musikalische Art zu Musizieren begründet, zugleich ihr zeichenhafter Aspekt, hedonische körperliche Gegenhaltung durch den Missbrauch in der Handhabung von Instrumentarien gegen die Betriebsanleitung. Distorted Guitar, Hammond und Fender-Piano waren zuerst Artefakte des Lautstärkeanspruchs über die Möglichkeiten der Instrumentarien hinaus – motiviert nicht in der ästhetischen Haltung von high intensities, sondern