2.5 Pop ist instrumentarisierte körperliche Soundarbeit 249 Sounds auf jene Motorik, aus der der Sound entstanden ist. Körperhaftes Gestalten durch Wo/Man-Machine-Interfaces wird am nicht-zeichenhaften, zugleich technoiden wie originär körperhaften unmittelbar expressiven, insgesamt gering mediatisierten Pop-Musizieren modelliert. Die Klaviatur ist eine technische Entwicklung, die den Fortschritt im Musizieren als Prozess der Mediatisierung kennzeichnet. Gemeinsam mit der Entwicklung der temperierten Stimmung sieht Max WEBER (1921) in diesem technischen Fortschritt sowie der Entwicklung des musikalischen Schrifttums jene ästhetische Implikation, die zur Herausbildung komplexer musikalischer Formen führte, die am visualisierten Tonsystem (mit dem Spielraum des gesamten Tonraums) als Kompositionstool zusammengestellt wurde und wird. Hinsichtlich der Mediatisierung herrscht Par-allelität zwischen Klaviatur und der musikalischen Schrift. Die Klaviatur triggert vorgefertigte Klänge (mehr oder weniger dynamisch), das musikalische Schriftzei-chen bezeichnet solche Klänge – das Klavier verkörpert jenes Denksystem, das das Zusammenstellen musikalischer Gefüge ermöglicht. Das Klavier ist auch eines jener Instrumente, das die Klangerzeugung von der Ausdrucksbewegung weit abgekoppelt mechanisch vornimmt – der geringe Körperbe-zug gliedert dieses Instrument in den Übergangsbereich von der instrumentarisierten Ausdrucksbewegung zur körperlich gesteuerten Maschine. Hinsichtlich der geringen Klang-Körper-Koppelung ist das Spielverhalten des Klaviers hoch mediatisiert. In der populären Musik stehen zwar Klaviaturen als Spielinterfaces zur Verfügung, zusätzliche Modulationseinrichtungen erlauben jedoch die Abkehr von diskreter Stimmung und die Abkehr von starrer Intonation. Verschleifungen und Modulationen der Klänge, klangliche Artefakte instrumentarisierter körperlicher Ausdrucksbewe-gungen, sind von der Spielweise der Gitarre auf den klaviaturgesteuerten Synthesizer übertragen. Die im Sinne der Mediatisierung als Entfernung vom Körper fortschritt-liche Entwicklung der Klaviatur, die weiterhin mit der gedankenmäßigen Setzung der Töne systemische Gefüge ermöglicht hatte, wurde im Pop zurückgeschritten. Entwicklungen von Spielmaschinen, die Klang triggern – wie das Klavier – oder von digitalen Spielgeräten, die mit Codes für Klänge und nicht mit den Klängen selbst operieren, repräsentieren Stufen im Prozess der Mediatisierung des Mu-sizierens, die über solche Instrumentarisierungen hinausführen, die körperliches Verhalten weiterführende Extension des Körpers sind. Das Pop-Instrumentarium schreitet dieser Mediatisierung entgegen bzw. sucht körperorientierte Zugänge zu entmediatisiertem Material, sucht Body-Interfaces für das Spiel des künstlichen Klanges. 2.5.1 Erregungssteigernde Spielweisen des Pop Pop ist Soundarbeit aus körperlichem Ausdrucksverhalten zur erfahrungsbasierten direkten körperlichen Stimulans mit Technologien, die dem Alltag entnommen, allgemein verfügbar sind; mit Methoden, die diesen Technologien inhärent sind und amateuristisches Arbeiten begünstigen. Reihungen sind originäre Strukturierungs-techniken, die High-Intensity-Materialien mit erregender Wirkung produzieren. Erregungsinduktion durch primär rhythmische, dynamische, klangliche Parameter ist Musik immer zu eigen; Techno beschränkt sich ästhetisch auf diese funktionale