2.5 Pop ist instrumentarisierte körperliche Soundarbeit 251 des Overdrive einher, der den stehenden Klang im stationären Klanggespinst der kollektiven Improvisation ermöglicht und dadurch zur Kontemplation anregt. Die zur Massenerzeugung patentierte Billiggitarre (von Fender) mit dem höhen-betonten, nicht brummentzerrten Singel-Coil-Pick-Up ist ein Instrument, das als Artefakt der maschinell fertigbaren Konstruktionsart schrillen blechernen Sound produziert. Dieser neue, unkonventionelle Sound wurde zum Idealbild des cleanen Elektrogitarre-Sounds. Gemeinsam mit dem neuartigen Design hat das Instrument einen Siegeszug im Bereich des Pop vollzogen. Die klanglichen Besonderheiten und deren Erleben als erregend ließen die Fender Stratocaster zum dominanten Instru-ment im Soul werden. Die Verdoppelung der Riffs der Bläsersätze, schließlich deren Ersatz und die durchgehende tonhöhenlose Rhythmisierung sind die innermusikali-schen Qualitäten mit aufreizender Funktion, die gerade mit diesem schrillen Klang der Billiggitarre einer breiten amateuristischen Szene bereit stand – ein hinsichtlich wirtschaftlicher, sozialer und ästhetischer Bedingungen homogenes Konzept. Das Spiel über die Klang-Körper-Koppelung ist mit dieser feedback-anfälligen Gitarre vom Artefakt zur musizierenden Körperpraxis des Pop geworden, zur dominanten körperlichen Spielweise des amateuristischen Pop. Die Klangwelt der exciting distorted guitar wirkt prägend in die elektronische Klangwelt hinein. Techno nutzt dann gezielt den exciting sound und ersetzt das er-regende körperliche Spielverhalten durch musizierende maschinelle Gestaltungstech-niken zur Erregungsmanipulation: Rasende loops aus grains und selbstoszillierende Filter sind aus der Bewußtheit von Erregung hervorgegangene spezifische Sounds, die kognitive und zugleich maschinelle Extension der körperlichen Erregung. 2.5.2 Pop als technoide sounddominierte Körpermusik Der Entwicklung des Pop-Instrumentariums als Rückentwicklung des Mediatisie-rungsprozesses seien drei Beispiele technisch-klangdominierter Musik vorangestellt – zum Memorieren oder gar Imaginieren: George MARTIN hat den kunstvollen künstlichen Klang in den Pop gebracht und damit die Öffnung zur Art-Musik in die Wege geleitet. Lou REEDs Metall Machine Music (1975) ist ein extremes Beispiel der wechselsei-tigen maschinellen Steuerung im Pop. Abseits der zeichenhaften Konstruktion von Klang wird Klang als physikalischer Gegenstand selbsttätig aus dem prozessualen Verlauf der akustischen Rückkoppelung physikalisch erzeugt und seiner physiologi-schen Rezeption zugeführt; für die prozessuale Steuerung von Rückkoppelung ist Pendulum Music (1966) von Steve REICH Vorbild. Jimi HENDRIX hat durch die körperliche Steuerung des Artefakts der elektro-akustischen Rückkoppelung das spielende Formen des Klanges direkt initiiert. Ist Martins Arbeit die Etablierung des Studios als Instrument (vorerst als Kompositions-Tool) und Metal Machine Music (1975) ein Beispiel der prozes-sualen Musik im Pop, so ist Hendrix’ Spielweise ein Modellfall für das Body-Sound- Interface in den neuen elektronischen Instrumentarien des Techno, der Klang-Körper- Koppelung in Generierung und Rezeption. Diese drei Beispiele sind hilfreich, um jene sinnlich erfahrbaren Aspekte klar machen zu können, von denen die Rede sein wird, wenn Pop-Musik als ein dominant