256 The exciting Sound of Pop Die eine Entwicklung ist als Enteignung hochkultureller Techniken zur Klangsti-mulans zu interpretieren, sie ist die in den Pop getragene, strukturelle (reihende) Technik mit Syntheseverfahren des Studios, die sich im beziehenden Denken bei der maschinellen Strukturierung von Klängen wie im Spiel der Bedeutungen durch Variation von Text und Kontext manifestierten. Der Gebrauch der Artefakte der Ver-stärkung, akustisches Feedback als automatisierte prozessuale Gestaltungsmethode ist ein intellektueller Akt des Hackings, des Gebrauchs gegen die Betriebsanleitung; die Wirkung des klanglichen Produkts ist unmittelbar körperlich. Das semiologische Spiel um Enteignung ist nicht nur erweitert um Hacking, es ist verlassen worden zugunsten der Formung von bedeutungsneutralen autonomen Klängen, zur Gestal-tung von wirkungsvollen funktionalen Klängen – es ist darin die Popularisierung dieser Avantgarde. Die andere ist die Rückholung originären Musizierens und damit die Wieder-entdeckung des Körpers. Gerade diese unmediatisierte Musizierart widerspricht den Erklärungsansätzen des zeichenhaft-sprachorientierten musikwissenschaftlichen Denkens am ehesten – diese ist als die spezifische (das Feedback als Artefakt der Verstärkung genutzte und nicht kunstvoll reflektierte) Musizierform des Pop zu werten und soll deswegen im Mittelpunkt stehen. Diese drei Klangwelten markieren wesentliche Komponenten des Pop: Das zei-chenhafte Spiel mit Zitaten (auch seiner selbst) des weißen Art-Pop, das erregende Spiel der Maschinen, das dann im Techno kulminiert, das körperhafte Musizieren aus Erregtheit, das die direkte Klangformung zurückbringt und zugleich als Modell der Interface-Technologie in die Zukunft wirkt. Erregung und Erregtheit sind dabei Basisdimensionen, sowohl der Gegenhaltung als auch des Hedonismus – der Kontext wird die konkrete Intention und Interpretation liefern. Bereits zuvor als Erregung allein, danach in beiden Ausformungen, wirkt Erregung unmittelbar politisch. Darin ist der erregte wie erregende Sound Teil eines emotionalen als auch politischen Klimas. 2.6 Stufen der Unmittelbarkeit des Musizierens im Pop Max WEBERs (1921) Vorstellung von der Entwicklung in der Musik fußt auf dem handwerklichen Fortschritt, motiviert aus der Intention zweckrational zu handeln. Mediamorphose nennt Kurt BLAUKOPF (1989) den Zusammenhang zwischen tech-nologischen Innovationen und kulturellen Entwicklungen der Musizierpraxis wie der Musik selbst.23 Ästhetische Entwicklungen lassen sich damit nicht nur als Folge des handwerklichen Fortschritts, sondern in Weiterführung als Instrumentarisierungs-, letztlich als Mediatisierungsprozess betrachten. Vom unmittelbaren stimmlichen Ausdruckslaut über die Instrumentarisierung des körperlichen Ausdruckverhaltens bis zur Entwicklung eines zeichenhaften Codes, zuerst als Schriftzeichen, später als Digital Code führt der Weg über die hedonische Gestaltung der willkürlichen 23 Weiterhin auf Kunst bezogen behandelt Alfred SMUDITS (1988) dieses Thema bereits in seiner Habilitationsschrift, deren Grundideen SMUDITS (1988a) publiziert hatte. SMUDITS (2002) spricht daher von einer gemeinsamen Entwicklung dieses Konzepts, das heute international verwendet wird (SMUDITS 2002, S. 44).