262 The exciting Sound of Pop 2.6.3 Schwarze Körpermusik, ihre Instrumentarisierung und weisse Mediatisierung Zwar grundlegend am schwarzen Ideal der Körpermusik orientiert, dennoch in den fünfziger Jahren als weiße Musik in Zeichen gesetzt, beginnt mit der Verschmelzung beider kultureller Musizierformen ein Prozess, der zwischen unmittelbarem Körper-ausdruck, seiner Instrumentarisierung und seiner technischen Vermittlung pendelt. Damit setzt technische Mediatisierung ein. Instrumentarisierung der körperlichen Erregung kennzeichnet Pop grundsätzlich. Gerade in der schwarzen Musik sind die solistischen Instrumente direkte, äußerst expressive Extensionen des Körpers, die Stimme bleibt die herrschende Ausdrucksform. Der rhythmisierte Grund emanzi-piert sich zu einem Geflecht von Patterns und tritt im Soul aus der begleitenden in eine tragende Funktion über. Von Instrumenten gespielte repetitive Muster bieten sich gleichsam an, maschinell übernommen und weiter geführt zu werden. Drum-machines und Samples von Gitarre- und Bläserriffs in Loops getriggert kennzeichnen den ersten Einsatz der Sampling-Technology im Pop. Technische Instrumentierungen führen damit vom Soul zum Disco und weiter in den Techno – das Arrangement verbindet sie. Das unmittelbarste Körperinstrument, die im Pop dominante Stimme, findet ihre Extension in der Elektrogitarre. Technische Instrumentarien orientieren sich an der Klangmanipulation konkreter Techniken und der seriellen Verarbeitung über maschinelle Prozesse. Die elektronischen Instrumente des Pop imitieren zuerst die expressiven Quali-täten der Gitarre und werden – befreit von ihrer Ersatzphilosophie – zunehmend angesteuert über externe Sequenzer, zuerst zur liedhaften Begleitung, später zur Strukturierung polyphoner Sound-Patterns verwendet. Im Techno geschieht dies nicht mehr in maschinellen Prozessen, sondern in Verarbeitungsweisen der Betriebs-systeme der Computer: Copy&Paste gestaltet die Pattern-Patchworks des Techno. Figur-Grundkonzepte lösen sich auf. Dazwischen liegt gleichsam ein seltsamer Rückschritt auf die zeichenhaft orien-tierte Komponier-, Arrangement- und Spielweise der fünfziger Jahre: anstelle von Notenzeichen werden MIDI-Codes verwendet, die letztlich die Einengung auf alle Implikationen der diskreten Notation in sich tragen. Jüngst verschmelzen jene hochmediatisierten Klanggenerierungen und -manipula-tionen – der entmediatisierte Klang – mit solchen an körperorientierten Spielweisen modellierten Body-Interfaces. Weiße Haltung trifft vereinend auf schwarze Gestal-tung, weiße Technologie auf schwarze Körperlichkeit. 2.6.4 Der unmediatisierte stimmliche Ausdruck Die Stimme ist die unmediatisierte Ausdrucksform und damit Mittel der Authentizi-tät. Diese Authentizität gibt der kleinen Stimme politische Stimme – sie ist damit das Paradoxon des unmediatisierten Vermittlers in einem Demokratisierungsprozesses in and out of Pop. Im Pop ist die schwarze Stimme Ausgangspunkt, die nicht nur in der Erwartung des weißen Publikums mit hoher emotionaler Expressivität besetzt und Projektion einer unmittelbaren Körperlichkeit ohne kulturell auferlegte Kontrolle war. Schließlich