264 The exciting Sound of Pop sich als unterschiedliche Möglichkeiten interpretieren, hilflosen und dünnen Stimmen zum Sprechen zu verhelfen« (DIEDERICHSEN 1996, S. 96). Die Stimme der Pop- Musik ist nicht nur die der Repräsentanten, sie wird über Identifikation zunehmend zum Organ der Äußerung des Subjekts selbst. Mit dem Hip-Hop trat das Andere als das Unvollkommene dem zum Fetisch gewordenen »unvollkommen = authentisch« bei. Nicht das Exotische, das Fremde, sondern das Andere der Subkultur ist (in postmoderner Manier) von Interesse. Der Hip-Hop hat mit der ausgegrenzten schwarzen Stimme, nicht eine, die auf die Schrift bezogen ist, sondern eine, die die Reste oraler Kulturen in den USA (ABRAHAM 1970) in sich trägt und im sozialen Underground lebt, die unmittelbare, natürliche Äußerung in die Pop-Kultur zurück gebracht und in einer Symbiose mit der sekundär-oralen Kultur des TV-und Radio-Zeitalters zu einer neuen oralen Kultur geführt. Rap, der aggressiv überhöhte Sprachduktus und darin Kern des Hip- Hop, hat »die totale Ermächtigung [. . . ] der natürlichen Stimmen mit allen Mankos und Beschädigungen durchgesetzt« (DIEDERICHSEN 1996, S. 110). Er ist damit Produkt und Verstärker der Vorstellung von Authentizität, er versucht »mit aller physischen Kraft der Artikulation [. . . ] die letzten selbstidentifikatorischen Laute hervorzubringen, die sich noch gegen die Logik des Authentizismus sperren« (ebenda, S. 110). Diese orale Sprache ist näher an der Körperlichkeit als die Schriftsprache. Der Laut, das Melos, letztlich der Sound als Ausdruck einer (emotionalen) Befindlichkeit, sind dabei bedeutsamer als die Sprache der Zeichen – körperliches Verhalten stützt den Sound und macht den Sprechgesang des Hip-Hop zur oralen Geste, was mit Handgesten verstärkt wird, solchen die den Ausdruck untermauern, solchen die ikonisch zeichenhaft vermitteln wie solchen, die Sprachzeichen nachbilden25 (HEINZL-MAIER 2004). Andererseits ist Pop selbst perfekte Repräsentation, denn: »Höchste Authen-tizität kommt der fremden Stimme zu, die nicht die meine ist. Diesem Ideal ist jede Pop-Öffentlichkeit mehr oder weniger verpflichtet. Sie steht auch für ein Parlamentarismus- und Demokratie-Ideal« (DIEDERICHSEN 1996, S. 112). Pop hat mit seinen Idolen diese Repräsentations-Ideale als Identifikations-Figuren, die der eigenen Äußerung Mut geben. Die »Abschaffung jeder Repräsentation« zu einem »Parlamentarismus der kon-kreten Stimmen zugunsten kleiner Gemeinschaften« wertet DIEDERICHSEN als die Vorstellung eines »apolitischen und romantischen Ideals«. Der Repräsentation hafte der Anachronismus der passiven Aktion an, denn meist ist es ja nicht die eigene Stimme, sondern immer die eines Pop-Repräsentanten, der sie und ihren Gehalt 25 Neben dem authentischen politischen Wort ist Rap, der Wettstreit als ritualisierter Ban-denkrieg, Zentrum des Hip-Hop. Der gewichtige wie der gestählte Körper tragen Battles aus, Sieg bedeutet respect und fame. Die Handgeste ist dabei unterstützende, unmittelbar verständliche Kommunikationsform wie zugleich die Massen animierende, während Handbe-wegung im Techno bloß den eigenen Körper ästhetisierend unterstreicht. Die orale Geste wird unmittelbar körperlich überhöht. Die segnende rhythmisierte Handhaltung über der Party crowd, die gekreuzten Hände in den Pausen, der schwarzen Kirche entnommen, provozierend abwertende Gesten im Fight, dem Box-Ring entnommen, der Griff in den Schritt signalisiert männliche Stärke, jüngst selbst von Frauen (Sängerin von Black Eyed Peas) übernommen. Nach spiritueller Beschwörung fleischlichen Kampfes wird eine mögliche Niederlage durch die Geste des Sich-die-Finger-Verbrennens kommuniziert. Fingerzeichen W bzw. E signalisieren Zugehörigkeit zu den West- und East-Coast-Communities