2.6 Stufen der Unmittelbarkeit des Musizierens im Pop 269 extreme Presence-Regelung des Verstärkers, die 8×12 inch Celeston-Bestückung der Boxen sind höhenbetonte Teile auf beiden Seiten der Instrumentenkette, sie sind prädestiniert für Rückkoppelungen – ein Artefakt, das für Hendrix (möglicherweise) wünschenswert war. Dieses hackerartige, originäre Musizieren ist Paradigma der Live-Electronic ebenso wie des Wo/Man-Machine-Interface. Diese aktionistische Spielweise ist dem expressiven Action-Body-Painting Arnulf RAINERs vergleichbar (HABERL 1973); die Musik erscheint, »als ein Resultat von in Klang umgesetzter Körperbewegung« (MIDDLETON 1990, S. 243). Diese Spielart geht mit der Entwicklung eines spezifischen Instrumentariums einher, der elektrischen Gitarre. Die Veränderung des Eigenschwingungsverhaltens macht aus einem ursprünglich perkussiv akkordisch gespielten, begleitenden Rhyth-musinstrument ein sustainreiches, solistisch zu spielendes Instrument, das im Verein mit spezifischen Spieltechniken ein virtuoses Spiel erlaubt; damit wurde es auch vom amateuristischen Instrument zu dem des gelernten Pop-Gitarristen. Zugleich erlauben der hackerartige Gebrauch der Übersteuerung der Verstärkung und die Provokation des akustischen Feedbacks ein körperorientiertes Spiel auf der Basis allgemeingültigen Ausdruckverhaltens.Was die hohe Kommunikationsfähigkeit dieses Klangs im Pop bedingt, ist auch Basis der psychologischen Interfaces: Hohe Immersion am Modell des originären Musizierens mit der Gitarre aus der Körper- Klang-Koppelung. 2.6.5.1 Die elektrische Gitarre – ihre Entwicklung und Systematik Bereits 1920 stellt die renommierte Gitarren-Firma Gibson vermutlich die erste Elektrogitarre vor, die aus dem hobbymäßigen Bau der damals modernen Mandoline in den achtziger Jahren des 19. Jahrhunderts hervor gegangen war; Idee und Ausfüh-rung stammten vom Firmengründer Orville H. Gibson (1856–1918). Lloyed A. Loar experimentierte in seiner kurzen Zeit bei der Firma Gibson (1919 bis 1924) mit der elektrischen Verstärkung von Saiteninstrumenten. Seine Pick-up-Konstruktion war nicht der später erfolgreiche elektromagnetische Abnehmer, sondern der heute für akustische Gitarren wieder verwendete elektrostatische Typus (DUCHOSSOIR 1981, S. 12). Erst 1936 stellte Gibson als Parallelentwicklung eine elektrische Hawaii- Gitarre (EH-150) und eine elektrische spanische Gitarre (ES-150) mit dem von Walter Fuller gebauten elektromagnetischen (single coil) Tonabnehmer P-90 vor, der zuvor 1931 von Rickenbacker für eine mehrsaitige Hawaigitarre erstmals kommerziell verwendet worden war: »Frying pan« heißt das von George BEAUCHAMPS und Paul BARTH als A-22 und A-25 konstruierte Modell mit Aluminium-Boden und -Hals (DUCHOSSOIR 1981, S. 14). Humbucker Tonabnehmer reduzieren den Brumm, den Hum, der durch die Nähe des single-coil-Abnehmers zur Spule von wiedergebenden Lautsprechern entsteht. Die ersten Erfolge den Hum zu unterdrücken, traten zuerst nur mit großen Magneten auf. »The idea for the humbucking pickup itself had been around since 1930. What I came up with was a pickup that was compact, light weight and extremely practical [. . . ]. That began in late 1954. The reason I developed it was to get rid of that hum, that resulted every time a guitar player stood near their amplifier and you had to twist yourself into a position so that the hum was minimised. I used a 2 coil pickup which eliminated the hum and put out a considerable signal. It took about