272 The exciting Sound of Pop diese Gitarre ob ihres Klanges nicht als Rock’n’Roll-Gitarre prädestiniert, sie wurde hauptsächlich im Jazz gespielt. Auch ihre traditionelle Formgebung entsprach nicht den Vorstellungen von der aufreizenden Innovation des Rock’n’Roll. Der für die Pop-Musik soundprägende Entwicklungsschritt der E-Gitarre war der Bau der Solid-Body-Guitar. Ihre Funktionsweise impliziert nicht nur anderen Sound, sondern auch eine völlig andere Spielweise; und erst die Einheit mit einem Verstärker macht sie zum Instrument – Hendrix’ Spiel mit der Rückkoppelung ist Zeugnis dieser Einheit und der – im Vergleich mit einer akustischen Gitarre – anderen, unmittelbar körperhaften Spielart einer Elektrogitarre. Die Bauweise der Solid-Body E-Gitarre wirkt sich vornehmlich auf zwei Klan-geigenschaften aus, die wiederum veränderte Spielweisen zur Folge hatten. Der massive Körper verhindert die Abstrahlung der Schwingungen an die umgebende Luft weitgehend und speichert die Schwingung in der Art einer gedämpften akusti-schen Rückkoppelung zwischen Saite und Korpus über metallene Klangkoppler (Steg und Sattel) und hohen Saitendruck zur Optimierung der akustischen Erregungs- Koppelung; die Verlängerung des quasistationären Klanganteils ist die Folge, die E-Gitarre klingt nicht mehr perkussiv, sie ist sustainreicher, und ist für melodiöses, solistisches Spiel besser geeignet. Die Dichte des Korpusmaterial bestimmt dann die »Speicherfähigkeit« und das »Sustain einer E-Gitarre« (Ulrich MAY 1984). Die damit einhergehende geringere Lautstärke wird durch Verstärkung kompensiert. Die Tonabnahme erfolgt entweder durch single-coil für durchsetzungsfähigeren Sound mit perkussivem Spielverhalten, Humbucker erhöhen den sustainreichen Klang der Solid-Body E-Gitarre und machen sie als solistisches wie als Power-Chord Instrument einsetzbar. Zusätzlich zu Bauweise und Holzart der Gitarre bestim-men der Tonabnehmer, seine Position und die elektronische Filterung den Klang der Gitarre weiterhin modifiziert von dem des Verstärkers und der vor allem der Spielweise, die im Verein mit Saiten und Plektrum manchmal grösseren Effekt auf den Klang ausüben als spezifische Merkmale der Gitarre selbst. Sowohl akusti-sche Rückkoppelungen (Schwingungen, die aus dem Lautsprecher wiederum das schwingende Medium enervieren) wie auch elektrische Rückkoppelungen durch die Mikrophonwirkung der Tonabnehmer sind Artefakte, die die spielbaren Spezifika der Instrumenteneinheit Gitarre-Verstärker ausmachen. In der Rock-Formation der fünfziger Jahre spielt die Gitarre eine begleitende, keine tragende Rolle: begleitend als rhythmisch-harmonische Stütze, verstärkt durch den Bass. Neben dem Akkorde anschlagenden Rhythmusinstrument sowie dem rhythmisier-ten Alternieren der Intervalle Quinte und Sext auf den Bass-Saiten im Rock’n’Roll bis zu den Power-Chords der Heavy Styles entwickelt sich die solistische Gitarre über das akkordische Spiel im Rock’n’Roll, bzw. das aus dem Akkord heraus Verzierungen spielende Solo-Spiel des Beat schließlich zum Single-Note-Spiel. Dieses solistische Single-Note-Spiel wird erst mit der Zunahme der Verstärkungs-möglichkeit sowie mit dem, das Sustain des perkussiv klingenden Instruments verlängernden Verzerrer27 (zuerst Fuzz-Box der sechziger Jahre, absichtliche Über- 27 Dieser Effekt resultiert vielleicht sogar aus einem Artefakt jener starken Verstärkung durch Röhrenverstärker, deren Übersteuerung annähernd harmonische Verzerrung des Signals er-bringen.