276 The exciting Sound of Pop Are Coming« in New York zu verteilen und schuf damit die nötige infrastrukturelle Aufbereitung. Brian Epstein erkannte den Zusammenhang zwischen Sound, Feeling und öffentlicher Akzeptanz in spezifischen Teilkulturen. Er wollte auch das bisher in Amerika nicht zielführende Sound-Image der Beatles auf die US-Vorstellungen abstimmen. »Moving around New York, he said in ›A Cellarful Of Noise‹, I found that there was without question an American ›sound‹ on disc which appealed to the American public. If you have an instinct for this sort of thing – and I believe, modestly, that I have – you can sense these things [. . . ]. I felt that there was a certain American feeling. This feeling, I was certain, existed in ›I Want To Hold Your Hand‹.« (zitiert nach Jeremy PASCALL 1984, S. 77). Was EMI als amerikanischer Vertreter britischer Musik nicht gelang, das schaffte Epstein. Am 18 Jänner 1964 stieg »I Want To Hold Your Hand« auf Platz 45 in die Billboard Top 100 ein und war in der ersten Februar Woche, einer Woche vor der Landung der Beatles am Kennedy Airport, Nummer 1. Die Musik der frühen sechziger Jahre ist vorrangig die des Kontinents, vor allem die Großbritanniens. Hier beginnt der Versuch einer ideologischen Selbstpositionie-rung der Jugend in der Nachkriegsgesellschaft, eingebettet in den wirtschaftlichen Aufschwung Europas nach dem Wiederaufbau der 50er Jahre. Mit Soul setzt das schwarze Amerika dem Mersey Beat eine hedonisch-körperlich zu rezipierende Musik entgegen: Black Music for the Money of the White People, hieß die ursprünglich subversive Idee. In der zweiten Hälfte der sechziger Jahre bremst die Jugend das Innovationsstreben; das Laut-Werden des musikalisch distribuierten Gedankengutes der Beatniks im Protest-Song geht mit dem Wahrnehmen der politischen Untaten vor allem Amerikas im fernen Osten (in den 50er Jahren in Korea, in den 60er und beginnenden 70er Jahre in Vietnam) einher – Protest geht zunehmend in Ohnmacht über. In den USA wird der Realitätsbewältigung die Flucht in die psychedelische Innerlichkeit oder aus den kommerziellen Zentren, den Städten, entgegen gesetzt. In Europa findet diese Verinnerlichung mit romantischem Gehabe im Rückfall in die Gesinnung des Bohemien statt. Diese politischen Verschiebungen haben ihre soundmäßigen Entsprechungen. Grundsätzlich prägen zwei musikalische Erscheinungen im England der begin-nenden sechziger Jahre die Weiterentwicklung (amerikanischer) pop-musikalischer Formen: der Mersey-Beat und der am Blues orientierte Londoner-Rock. Wiederum gewinnt Amerika mit der politisch orientierten, inhaltlich an die Ideologie der Beatniks anknüpfenden Folkszene und mit dem gezielten Verkauf ihrer Musik von Schwarzen an Weiße nach der Bürgerrechtsgleichstellung Einfluss auf das musikalische und klangliche Erscheinungsbild der Pop-Musik. Ab 1964 bzw. 1965 erstarkt die schwarze Unterhaltungsindustrie. Im Norden (Detroit) spielte und produzierte man für ein jugendliches weißes Publikum (Tamla Motown). Im Süden orientiert sich der Memphis-Sound eher am Geschmacksbild einer erwachsenen Käuferschicht. In beiden Metropolen der Unterhaltungsindustrie produzierten Schwarze für Weiße. Führt die Verschmelzung von Rock und Folk in Amerika tatsächlich zu neuen Stilen, die meist die inhaltlich kritische Haltung vom Folk übernommen in musikalisch und klangliche Experimente des schweren Rock kleideten (The Mothers of Invention, Jerry Garcia), so ist die Schnittmenge von Soul und Pop-Musik gering. Vielmehr initiiert – nach dem Gebrauch des schwarzen