2.6 Stufen der Unmittelbarkeit des Musizierens im Pop 291 die klangverändernd wirkt (z. B. erzeugt die Modulation der Verzögerungszeit in-nerhalb dieser Grenze bei gleichzeitiger Darbietung das Flanging), aber vor der bewussten Wahrnehmung eines eindeutigen Echos, einer eindeutigen Wiederholung des Signals. Dieses Slap-Echo wurde durch die Verzögerung des Signals, durch die zusätzliche spätere Abnahme der Aufzeichnung von einem Tonband erreicht und primär als aktivierend treibende Effektierung von solistischen Passagen oder der Stimme eingesetzt. Die im konkreten Fall gewählte Verzögerungszeit entspricht einem ganzzahligen Teil der Dauer einer Viertel-Note und ist somit musikalisch integriert und akzentuiert durch das ständige Nachfallen auch durch die Betonung des zweiten und vierten Taktteils. Dieser Effekt wurde rasch zum Markenzeichen des Klanges von Rock’n’Roll- Gesang und findet sich bei Aufnahmen jener Ära. Später wurde das Slap-Echo als Zitat eingesetzt. Es charakterisiert auch die Stimme John Lennons sowohl bei den Beatles (siehe unten) als auch – vielleicht sogar extremer – in der Zeit danach; Lennon verweist damit auf seine Verbindung zum Rock’n’Roll. Diesen künstlerischen Ausformungen liegt eine soziale Funktion und wirtschaftliche Pragmatik zugrunde: die Abbildung der akustischen Live Situation, der early reflections in mittelgroßen Sälen. Dieses Klangbild war aufgrund der üblichen Rezeptionsart vor der Schallplatte bekannt. Die künstliche Konservierung sollte von dieser auch mit der Aktivierung der assoziierten Live-Situation möglichst wenig weit entfernt sein; das um das Gewohnte Angesiedelte wie das Aktivierende sind Bedingungen des Gefallens, das Gefallen ist eine Vorbedingung für den Kauf der neuen Konserve. Das Slap-Echo ist die auf Vinyl konservierte soziale Situation im Tanzsaal im Pop der fünfziger Jahre, eine immersive Größe eines emotionalen Klimas. Mit diesem Eingriff in die Klangeigenschaft einer akustisch definierten Größe ist der Grundstein dafür gelegt, dass nicht die möglichst exakte Abbildung des realen Klanges das Ziel einer Pop-Aufnahme ist, sondern die Erzeugung von (künstlichem) Sound, vorerst noch mit denselben Geräten, die die exakte Aufnahme anderer Signale leisten sollten. Bei der Aufnahme von Rockmusik wurden sie aber durch ihren unkonventionellen Gebrauch zur Klangmanipulation eingesetzt. In der Terminologie der Techno-Hacker gesprochen: mit dem Gebrauch gegen die Gebrauchsanweisung. Dies ist ein Grundmuster im Gebrauch von Technologie in der Pop-Musik, das bereits seit ihrem Beginn Widerständigkeit und Klang zusammenführt; die Übersteuerung des Gitarre-Verstärkers gilt als erster soundprägender Mißbrauch im widerständigen Pop. Mit dem Mißbrauch der Studiotechnologie ist die Basis für die Effektierung und Klangmanipulation des akustischen Ereignisses in der Pop-Musik gesetzt. Darin kann nicht der Beginn des Einsatzes des Studios als Instrument gesehen werden. Erst die Zusammenstellung kompositorischer Strukturen, abseits des menschlichen, körperlichen Spiels, die ausschließlich auf Techniken der horizontalen Reihung, des Schnitts (wie auch der Zuspielung) später auf der (durch die Mehrspurtechnologie möglichen) vertikalen Montage beruhen, markieren den Beginn jener Ära. Techniken unter Verwendung spezieller Tonaufzeichnungs- und Wiedergabesyste-me verwendete Les Paul. Abseits der bekannten Pionierarbeit bei der Entwicklung von Solid-Body-Gitarren experimentierte der Gitarrist mit tonbandbasierter Tech-