296 The exciting Sound of Pop Miller PUCKETT ab 1996 zu pd, zu pure data, ebenso lesbar als public domain, jedenfalls zur Sache einer Open Source Developer-Community. Dies schafft abseits technischer Machbarkeit soziale und ökonomische Verfüg-barkeit. Dadurch ändern sich nicht nur die Produktionsbedingungen, sondern im Verein mit den spezifischen Möglichkeiten der Betriebssysteme, beispielsweise dem Copy&Paste, und durch die Ausweitung des agierenden Personenkreises auch über den der Musiker hinaus, wesentlich die Ästhetik: Das Allgemeingut verbindet sich mit Alltäglichkeit in der digitalen, populären Kultur. 2.6.8 Der entmediatisierte künstliche Klang Technologische Bedingungen, die elektromagnetische Speicherung und die verfrem-denden wie horizontalen und vertikalen Strukturierungsverfahren, die analoge Trig-gerung in der prozessualen Gestaltung, später ihre Steuerung via MIDI, aber vor allem die analoge Speicherung, danach die digitale Speicherung, machten das Studio zum strukturbildenden kompositorischen Instrument – Miniaturisierung der Tech-nologie und Verfügbarkeit führte die Musik des Studios als Instrument zurück auf die Bühne und bringt es in den Amateurbereich des Pop ein. Nun hat gerade jene Generation, die die Avantgarde des nicht zeichenhaften Sound-Spielens auf der Gitarre betrieb, diese sehr unmediatisierte körperhafte Musizierform mit der Gitarre gegen die hochmediatisierte mit dem Power-Book eingetauscht: Die Produktionsform hat sich geändert, die Rezeption ist stärker denn je auf die unmittelbare Empfindung von Bewegung durch Sound gerichtet: Techno ist körperbewegende Musik. Das klanggenerierende Musizierverhalten entfernt sich von der mechanischen Kontrolle des Körpers, hedonisch gelenktes Auswahlverhalten tritt an seine Stelle – die Dominanz der Funktionen des Körpers beim Musizieren verändert sich; die mechanischen Fertigkeiten des Körpers weichen seinen hedonischen Regulativen. Zunächst dringen algorithmische, automatisierte, maschinengesteuerte Komposi-tionstechniken des seriellen Denkens (über die Funktionsweise der wechselseitigen Spannungssteuerung analoger Synthesizer) in die Pop-Musik ein. Die technoiden Musizierformen der sounddominierten Pop-Musik wirken als Katalysatoren dieser Mediatisierung – vom Spiel mit der Verstärkung und seinen Artefakten bis zum Spiel mit Copy&Paste, der Editiertechnik von PC-Betriebssystemen. Prozessuale Musik der anderen Avantgarde orientiert sich auch am Missbrauch. Parallel zur selbsttätigen, wechselseitigen Spannungssteuerung von Schwingern und Modulatoren des Synthesizers zur Generierung von Klanggeschehen wird das mechanisch getrig-gerte Feedback mehrerer elektroakustischer Instrumente als Gestaltungsmethode von Steve REICH in Pendulum Music 42 (1969) im Zwischenbereich vom Process- 42 Pendulum Music wurde 1969 von Steve REICH, Bruce NAUMAN, Michael SNOW, Richard SIERRA, James TENNEY im Whitney Museum aufgeführt. Mikrophone pendeln an un-terschiedlich langen Kabeln somit mit unterschiedlicher Schwingungsgeschwindigkeit, vor Verstärkern und erzeugen rhythmisierte Rückkoppelungen – der musikalische Prozess ist durch den physikalischen determiniert. Nach etwa 10 Minuten kehren die Mikrophone in die Ruheposition und erzeugen interferierende Rückkoppelungen; danach wird der Strom abgeschaltet: minimal variierende polyrhythmische Rückkoppelungsimpulse gehen allmählich in solche in sich vibrierende Rückkoppelungsflächen über und werden abrupt gestoppt. Die