308 The exciting Sound of Pop das Processing des Sounds entwickelte führt der Einsatz einer Schnittstelle in der Entwicklung des Pop vom Nachstellen nun von (Lied-) Strukturen im Soft-Ware- Sequenzer zum Erstellen von patternartigen Strukturen im Techno – hier führt der Weg von der algorithmischen Strukturierung über prozessuale Steuerungen zum Erstellen repetitiver Muster. MIDI, Musical Instruments Digital Interface, ist der Standard dieser Schnittstelle. Die Industrie schaffte den Standard MIDI, der Standard MIDI schafft Industrie. Seine ästhetischen und musikpraktischen Auswirkungen sind vielfältig: Die Kaskadierung von Klängen zu monströsen Sounds nach der Vorstellung orchestraler Klangwelten, die Reduktion der gemeinsam gestaltenden Gruppe zu dem im Heimstudio mit Hilfe des MIDI-Sequenzing allein Musizierenden. MIDI ermöglicht dabei ein Arbeiten am mathematischen Code, seiner grafischen Darstellung wie der in Notenschrift. Erstmals tritt mit MIDI ein Kompositionsverfahren als Folge der Arbeit am Computer auf: Copy and Paste bedeutet das Kopieren von Strukturen als pat-ternorientiertes Komponieren. Es ist dies die Reanimation des schleifenbildenden Arbeitens aus den elektronischen Studios, das auf die Techniken der Minimal Music ausstrahlte – nun mit Features des Betriebssystems. Wurde diese Strukturarbeit klanglich realisiert, indem synthetisierte Klänge oder im RAM eines Samplers ge-speicherte Realklänge abgerufen wurden, wird mit der Hardware-Explosion in den neunziger Jahren diese patternorientierte Strukturgenese auf Soundfiles übertragen, eine Arbeitsweise, die durch das Harddisc-Recording-System möglich geworden ist; MIDI hat damit Vorarbeit geleistet zur Strukturierung stationärer, in sich bewegter Stimmungssounds, was in der Klangarbeit des Techno kulminierte. Heute ist MIDI ein Informations- wie Kommunikationsmedium. Als Dateien in Datenbanken repräsentiert es musikalische und musikwissenschaftliche Information, als Code zur mathematischen Verarbeitung von Musik in der Tradition der Seriellen (beispielsweise mit dem von Miller Puckett am IRCAM entwickelten MAX) und zur leichteren Datenübertragung für Musik bei telematischen Net-Art-Projekten und zur Verrechnung von interagierenden Prozessen repräsentiert MIDI ein Kommunika-tionsmittel. Selbst nach der Möglichkeit der Realtime-Klangübertragung durch MP 3 stellt MIDI einen in vielfacher Weise brauchbareren musikalischen (Informations-) Code dar; gleichsam im Gegensatz zur Realklangstruktur, die erst kodifiziert werden müsste, um ihre notierbare und damit kommunizierbare, weiterhin mathematisch verarbeitbare Struktur zu extrahieren. MP 5 greift diese Kodifizierung nicht nur für die Steuerung des Klanges, sondern seine Generierung wiederum auf: Nicht der Klang wird dann übertragen werden, sondern die Codes seiner Generierung. Damit ist MP 5 eine dem MIDI Standard vergleichbare Norm einer Schnittstelle für die ökonomische Übermittlung von Klängen. 2.6.10 MIDI – Fluch oder Segen? MIDI ist als Kommunikationsnorm die technologische Innovation mit ästhetischen Implikationen, die im Mediatisierungsprozess die technische Verarbeitung von Codes vergleichbar den musikalischen Zeichen erlaubt. Diese oftmals geschmähte Norm ist nur in ihrer Beschränkung auf die Zwölftonigkeit und mit der Realtime- Klangverarbeitung vor Augen ein Rückschritt im Mediatisierungsprozess am Weg