2.6 Stufen der Unmittelbarkeit des Musizierens im Pop 309 zurück zur unmittelbaren Körperlichkeit des Pop hinzu zur Arbeit mit Codes zur Strukturierungsarbeit. MIDI ist ein maschinell optimal verarbeitbares, musikalisches Zeichen, ein Code, der bereits vor dem common digit, über Interfaces Informationen auch für andere Sinnesorgane fassbar überführt – ein universeller Steuercode in der Pop-Arbeit und den Experimenten der technoiden Neuen Künste. MIDI ist ein kodifiziertes Triggersystem. Es bringt Kommunikation zwischen Soundmodulen und damit deren Kaskadierung, es bringt die Speicherung von Codes, eine technische Notation im Sequenzer, es bringt die mathematische Verarbeitung von Codes, damit algorithmische, serielle, allgemein prozessuale Musik – MIDI bringt Klangsynthese und Struktursynthese. Den Codes sind Klänge zuordenbar. Dass MIDI die Effektgeräte und Klanggeneratoren in ihrer Arbeitsweise steu-ern kann, reiht die Klangmodulation in die kompositorische Arbeit ein. MIDI ist darin eine Weiterführung des seriellen Denkens, der Komposition des Klanges. Die-se Möglichkeiten sind weit entfernt vom praktizierten Einsatz von MIDI im Pop als Mehrspurpartitur, der wahlweise Klänge, vorgefertigte Klänge, als Ersatz von akustischen Instrumenten zugeordnet werden können, deren Effektierung zudem gesteuert werden kann. MIDI-Sequenzer über Timecode mit analogen Mehrspurton-bandrecordern gekoppelt, die die akustischen Instrumente aufnehmen, machen die Grundkonfiguration des Studios der späten achtziger und beginnenden neunziger Jahre aus. MIDI ist nicht nur ein Kompositionstool, MIDI schafft damit aber auch die Mög-lichkeit, Simulationen im kompositorischen Vorgang zusätzlich zur Imagination zu schaffen und hat darin konkrete ästhetische Implikationen zusätzlich zu den Manipulationsmechanismen der Computer-Betriebsysteme, die dann in der Realtime- Klangverarbeitung weiter geführt werden. MIDI ermöglichte die maschinelle Spielweise der Synthesizer und ihre entspre-chende prozessuale Steuerung sowie ihre Nutzung zur Klangsynthese durch die Kaskadierung von Klängen. Durch die diskrete Klaviatur, die eine leichte und exakte Tonhöhensteuerung dieser Synthesizer ermöglicht, war das Spielen dieser Klangwelt vorrangig den ehemaligen Pianisten oder Orgelspielern einer Pop-Gruppe zugeteilt. Vorerst beschränkte sich ihr musikalischer Einsatz auf das Spielen von Soli mit dem monophonen Synthesizer, auf das Einwerfen von Soundeffekten. Der polyphone Synthesizer schließlich hatte primär seine Funktion darin, einen füllenden Klangbrei oder -teppich zu erzeugen, der entweder das Streicherensemble oder bei kurzen bläsersatzähnlichen Riffs ein Blä-serensemble imitieren sollte. Klanglich polyphon bezeichnet dabei fälschlicherweise akkordisch, denn die einzelnen Stimmen hatten grundsätzlich dieselben Klangfarbe. Die Synthesizergeneration in der Mitte der siebziger Jahre war nur dazu geeignet, einen Klang herzustellen. Erst im Studio konnte die Klangfülle durch mehrere Geräte oder das polyphone Geflecht mehrerer unterschiedlicher Klänge im Nacheinander der synchronisierbaren Mehrspuraufnahme realisiert werden. Auf der Bühne sah man den Keyboarder meist eingebettet in eine Ansammlung von elektronischen Klangerzeugern, die er abwechselnd je nach Klang in einem Stück spielte. Sehr früh haben komplexere oder offenere Systeme die Idee der gegenseitigen Steuerung von Modulen innerhalb eines Synthesizers erweitert um die wechselseitige Steue-