2.6 Stufen der Unmittelbarkeit des Musizierens im Pop 313 und somit jedem Musiker zugänglich. Digitalisierung geht mit Massenproduktion und Verbilligung einher. Im Gegensatz zu analogen Geräten benötigen digitale geringere Spannungen, eine geringere Dimensionierung aufwändiger und teurer elektrischer Bauteile. Miniaturisierung, Normierung und damit Massenprodukti-on führen zu Verfügbarkeit. Die Verfügbarkeit wird zu einer ästhetischen Größe: Amateure nutzen unvoreingenommen Verarbeitungsweisen des Betriebsystems als musikalische Verarbeitungsweisen. Das Home-Recording war im Sequenzer-Studio als das Analogon zum Mehrspur-Tape-Recording, die mehrspurige Aufzeichnung von Triggern zur Ansteuerung externer Klangmodule, im Konzept angelegt und ökonomisch verfügbar. Aus der Einschränkung dieser Technologie wurde ein Stil, der später über das Harddisc-Recording im Techno sich in vielfältiger Art etablierte – der Umgang mit dieser Technologie spezifiziert den Stil weiterhin. Da anfangs bloß die Steuerung künstlich generierter Klänge möglich war, ist die Musik – vor allem die Pop-Musik – der späten 80er Jahre synthetisch, als Gegenpart zum Gitarren-Pop. Mit dem Sampler können dann auch akustische Ereignisse in kurzen Einheiten digital gespeichert werden und über MIDI getriggert werden – der Sampler ist dabei ein Metainstrument und keine Aufnahmeeinheit; die Synchronisie-rung von MIDI-Sequenzen mit akustischem Instrumentarium, das auf analogem (und digitalem) Weg aufgezeichnet wurde, bleibt die Angelegenheit des professionellen Tonstudios, das die Möglichkeit zur Aufnahme mehrerer synchronisierbarer akusti-scher Instrumente auf zumindest 24, zumeist 48 Ton-Spuren sowie über Timecode die Synchronisation eines MIDI-Sequenzers bietet. Mit dem Begriff Home-Recording-Studio verbindet sich die werbewirksame Illu-sion der entsprechenden Musikinstrumentenindustrie, Musikaufnahmen zu Hause realisieren zu können. Die Illusion bezieht sich auf die Aufnahme akustischer Er-eignisse. Das amateuristische Home-Recording-Studio der späten achtziger und beginnenden neunziger Jahre war ein MIDI-Studio, dementsprechend war die Musik synthetische Pattern-Music, darin eine breite Vorhut des Techno. Im professionellen Bereich nennt sich das gleiche Set an Instrumenten – auch wenn die dabei verwendeten Geräte zahlreicher und qualitativ besser sind – MIDI-Suite. Dieser Begriff ist mit Vorproduktion, Arrangement und Komposition verbunden. Synthetische Klangerzeuger im MIDI-Verbund, angesteuert vom Sequenzer eines Personal Computers, ermöglichen nun erstmals, musikalische Vorstellungsinhalte nicht bloß zu notieren, sondern sie klanglich zu simulieren – die Notation ist gleichsam als Zugabe erhältlich. Hat das Mehrspurtonstudio den Geist des gemeinsamen, simultanen Musizierens – der Realisation des Wir-Gedankens der frühen sechziger Jahre in der Pop-Musik – aufgeweicht, so wird nun das Komponieren und Arrangieren von Musik wieder Sache einer einzelnen Person, eines Amateurs oder eines Professionisten – die Produktion des Amateurs geht den Weg nach vor in die Welt des Techno, die Produktion des Professionisten kehrt zurück in die Tage des Brill-Buildings, wo Musiker für andere Lieder schrieben und wiederum andere diese Lieder arrangierten. Die Aufgabe des Produzenten ist es, das Ziel der Produktion in seinen Ohren zu haben und das Stückwerk dementsprechend in mehreren Phasen offline zu realisieren, ähnlich wie der Filmregisseur alle Einzelteile einer Produktion überschauen sollte. Eine Hilfe auf diesem Weg zum Endprodukt ist die Möglichkeit, bereits in einer frühen Phase der