314 The exciting Sound of Pop Produktion das klangliche Ergebnis als MIDI-Vorproduktion zu simulieren und selbst die Effektierung, das klangliche Kleid des musikalischen Körpers, ebenfalls via MIDI in die Vorproduktion und damit in das Arrangement jener klangdominierten Musik einzubeziehen. Effektgeräte sind in der Lage, Programm-Change-Befehle zu empfan-gen und Presets umzuschalten. Sie sind aber auch darauf programmiert, Größen der Parameter ihrer Programme während des Spielens kontinuierlich zu verändern. In hohem Maße lässt sich damit die kompositorische Einheit von harmonischem Gefüge, Instrumentierung und Effektierung im Prozess der pop-musikalischen Komposition klanglich realisieren – sie muss nicht bloß als Vorstellungsinhalt imaginiert werden. Ein scheinbarer Side-Effect ist letztlich eine wesentliche ästhetische Erneuerung: Das Vorabhören der Komposition und damit das erlebnismäßige Überprüfen auf der unmittelbaren Ebene der klanglichen Rückmeldung des im immediate Trial-Error- Verfahren, im Hier und Jetzt Gestalteten, der musikalischen Rede im abstrakten Wir, der konservierbaren Improvisation mit sich selbst. Gemeinsam mit der grafischen Darstellung abseits der traditionellen Notation und dem unmittelbaren klangli-chen Feedback erweiterte MIDI die kompositorische Arbeit in den amateuristischen Bereich. Dem Anspruch des Musizierens nach Noten folgend mag dies eine Qualitätsstei-gerung bedeuten, dem auf das gemeinsame Erarbeiten von Musik gerichteten Geist der frühen sechziger Jahre, der erstmals auch in der Pop-Musik Musik aus der Gruppenstruktur erarbeitete, widerspricht dieses kompositorische Arbeiten völlig. Dementsprechend stark ist auch die Abneigung solcher Musiker, die als selfmade Gitarristen jener Ideologie des Pop huldigen. Die Distanz ist nicht bloß – wie meist vordergründig kolportiert – über das Klangbild synthetischer Klänge aufgebaut. Sie besteht – mehr unbewusst als reflektiert – in der Bevorzugung des gemeinsamen musikantischen Tuns gegenüber dem isolierten musikalischen Arbeiten. Von seiner Genese her betrachtet liegt im gemeinsamen Erarbeiten von Musik auch die der Pop-Musik innenwohnende Reflexion des pubertär-adoleszenten Konfrontierens des eigenen Ich mit der Gruppe. Dass motorische Elemente, die sich in Aktivierung erzeugenden Parametern der Pop-Musik manifestieren wie umgekehrt, dass Pop in Klang gesetzte Körperbewegung und diese das Driving durch Sound ist, weist in ihrer spezifischen körperlichen Spielart das Instrument E-Gitarre als das Instru-ment des Pop aus. Die Arbeit mit MIDI entspricht der unmittelbar klanglichen kompositorischen Arbeit am Code, einer von der Körper-Klang-Koppelung, von der Instrumentierung des Ausdruckverhaltens zwar entfernten unkörperlichen, somit hochmediatisierten Art des Musikmachens, zugleich erlaubt die Hörbarmachung der Strukturierungsarbeit im Generierungsprozess auch die Klang-Körper-Koppelung in der Rezeption vor-erfahrbar zu machen – abseits der bloßen Vorstellung bei kompositorischer Arbeit am Notenblatt. In diesen beiden Welten, der gitarrenorientierten wie der elektronischen Körper-welt des Klanges treffen zumindest in der Generierung wesentlich unterschiedliche Mediatisierungsstufen aufeinander. Das MIDI-gesteuerte Sampling und Fasttracking, aber vor allem die digitale Spei-cherung und Verarbeitung von Klängen am PC ermöglicht Realtime-Verarbeitung und damit zwar mediatisiertes, aber direkt klangliches Musizieren. Billig- und Alttechnologie bringen die Verfügbarkeit der Instrumentarien zum allgemeinen