316 The exciting Sound of Pop weitergeführt wird und mit den Umbewertungen der Pop-Art und schliesslich mit den Montagen der DJs die avantgardistische Forderung Kunst und Leben (vgl. Cage, Beuyes) überwunden und in Pop zusammengeführt wird – Sampling ist ein notwendiger Teil dieses Prozesses. Die Walze war nicht nur Speichermedium, sie diente Armand Givelet bereits 1928 als Instrument. Mehreren parallel liegenden Walzen wurden Klänge eingraviert, die dann mit einer Art Klaviatur zu spielen waren, indem mehrere Nadeln die Rillen in einem endlosen Loop abtasteten. Vorwiegend Instrumentalklänge wurden in diesem Gerät gespeichert und gespielt. Die Weiterentwicklung dieses frühen Ersatzinstruments ist das Melotron, das auf die gleiche Art mit einem Set von Tonbandschleifen funktionierte. Das Set war austauschbar, damit das Register der Klangfarbe. Der Sampler perfektionierte schließlich diese Ersatzideologie. Der Tracker führte die Verwendung des Samplers nach Abkoppelung von der temperierten Klaviatur über das Feintuning der MIDI-Triggerung zum Sampling. Variables Transposing und Looping machte die Verarbeitung der musique concrète und der Live-Elecronic spielbar – der vom verweisenden Charakter der verwendeten konkreten Klänge befreite Techno nutzt Klänge nun auf Hard-Disc gespeichert willkürlich ob ihrer stimulierenden Klangqualität; Ersatzideologie und zeichenhaftes Musizieren werden damit überwunden. Sampler und Synthesizer hatten ein ähnliches Schicksal. Nach der Entwicklung des Synthesizers als frei klanggenerierendes und -formendes Instrument wurde es im Pop zum Ersatzinstrument, gespielt über Tastatur. Der Computer und seine Steuermöglichkeiten machten den künstlichen wie den gespeicherten konkreten Klang frei modulierbar und befreiten ihn von diesen Einschränkungen. Mit entsprechenden Interfaces wird nun versucht, diese willkürliche Klangmanipulation an den Körper zu binden und wiederum die Ausdrucksbewegung zu instrumentarisieren. Das THERE-MIN ist ein frühes Vorbild des unmittelbar körperlichen Spiels eines elektronischen Klanges, Glide-Patches des BUCHLA-Synthesizers und Touch-Pads des KORG Kaoss- Pad oder Ultraschallsteuerungen bei EMS machen den Klang körperlich steuerbar. Ob der Allgemeinheitsgültigkeit der Ausdrucksbewegung wird diese Spielweise ein amateuristisches Spiel begünstigen – wird musizierendes Ausdrucksverhalten als Paradigma der immersiven Interfaces werden; die Spielindustrie ist am Weg, diese zu realisieren. Dennoch, den ersten Popularisierungsschub verdanken der Synthesizer wie der Sampler der Kofferform und ihrer gewohnten Spielbarkeit über Klaviatur. Die musikalischen Einschränkungen waren rückblickend nur temporär. Die Koppelung des Synthesizers wie des Bühnen-Samplers mit der Klaviatur mag neben der technisch exakten Triggerbarkeit auch als die Übertragung eines visuellen Interfaces von der mechanischen Spiel-Maschine Klavier auf die elek-tronischen Spielapparate sein. Mit visuellem Interface ist gemeint, dass sich in der Klaviatur (bei temperierter Stimmung) das Tonsystem sichtbar abbildet. Die pädagogische Nutzung der Klaviatur im Musiktheorieunterricht ist dafür ein Hin-weis. Als Spiel-Maschine ist das Klavier insofern zu bezeichnen, als es ebenso wie der Sampler oder der Synthesizer einen Befehl zur Klangerzeugung gibt und die Klangerzeugung nicht direkt an die körperliche Bewegung koppelt ist – im Sinne des hier verwendeten Mediatisierungsbegriffs ist das Klavier das am weitesten me-