326 The exciting Sound of Pop Obwohl der Computer als Produktions-Tool in allen Formen des Pop verwendet wird, selbst im gitarredominierten Post-Punk wie im authentisch anmutenden Unplugged, ist nur Techno als Computer-Pop zu werten. Er folgt in seiner Logik der prozessualen Gestaltung, seine Ästhetik ist durch die Implikationen des Computer festgelegt. Die Copy&Paste-Ideology vollzieht im Techno die Abkehr vom Chorus des Blues und allen durch ihn bestimmten rockmusikalischen Mutanten und der durch Liverpool und Manchester etablierten Liedform im Pop zur einfacher setzbaren, scheinbar linear bestimmten, letztlich barock stationären Form; Tempo, Rhythmus und Klanglichkeit stehen bewusst im Dienste der Aufreizung. Parallel zur klanglichen Gestaltung werden visuelle Stimuli nach musikalischen Prinzipien, nach deren hedonischem Spannungswert komponiert; das common digit steht im Dienste der Spannungssteigerung des multisensorischen Techno-Events. Techno-Kultur begreift sich als hedonisch – durchaus mit politischer Wirkkraft. 2.7 Die Emanzipation des hedonischen künstlichen Sounds: Techno, die Komposition von driving effects Was mit analoger prozessualer Triggerung, weiterhin dem MIDI-Sequenzing begann, findet im Hard-Disc-Recording seine perfekte technische Bedingung zur struktu-rellen Klanggestaltung. Hard-Disc-Recording ermöglicht die digitale Speicherung von Realklängen und deren willkürliche Verarbeitung: Montage, Schnitt, Loopings und Effektierung im online-System, analog einem Mehrspur-Taperecorder oder im off-line-Verfahren durch cue-lists. Sequencing impliziert Reihen und Verschiebungen, letztlich ein Patchwork aus vorgefertigten Klangteilen. Pattern-Structuring ist dem Sequenzer, der cue-list als kompositorisches Tool eingeschrieben, Copy&Paste als wesentliches Feature der Betriebssysteme verleitet zudem zur Organisation von Patterns, deren Monotonie erregend und nicht belehrend wirkt – gerade hier unter-scheidet sich Techno wesentlich von anderer Pop-Musik: Sound wird nicht seines verweisenden Charakters, sondern seiner Klanglichkeit wegen verwendet, Komposi-tionstechniken gehen denselben Weg und stellen Soundarbeit voran, Aufführungen verstärken diese Intention durch high intensities an Lautstärke und Dichte im Verein mit anderen Surroundings. Techno ist Stimulans, Techno ist Maschinenmusik zur körperlichen Rezeption. Diese Maschinen erlauben das Handling über nicht musiks-pezifische Features und sind als Massenware verfügbar. Beides verstärkt Techno als amateuristische Musik. Stand die lustvolle Verführung an der Wiege des Pop, war Pop Therapeutikum, das als Stimulans in den Tanzsälen genossen wurde, war Pop in der britischen Szene unbeschwert spaßvoll gelebtes Wir, so haben aufklärerisch-intellektuelle Überformun-gen und Kunstanspruch zunehmend Pop zur belehrenden Konzertmusik gemacht. Selbst Spaß wurde als no future Haltung interpretiert, Hedonismus war Hackertum. Techno, aus der Dance-Music der Clubszene entwachsen, durch den Gebrauch elek-tronischer Generierungs- und Strukturierungstechniken, zur formalen zeitlichen Glie-derung gedacht wurde zur Klanggenerierung missbraucht, zum Pattern-Structuring monotoner, teilweise minimal variierender Klangespinste gekennzeichnet, rekurriert gänzlich auf den funktionalen Charakter von Pop, auf Musik als Stimulans durch