2.7 Die Emanzipation des hedonischen künstlichen Sounds 327 Sound und Beat und Dynamics. Diese aktivierenden innermusikalischen Parameter sind es auch, die stildifferenzierend verwendet werden, die die Musiktheorie des Techno psychoakustisch legitimieren. Techno zeugt vom Wandel einer aufklärerischen Kultur in eine hedonische (BOH-RER 1979; SCHULZE 2000). Technische Machbarkeit ist ihrerseits ein Katalysator eines hedonischen Lebens-gefühls. Techno-Music ist nur ein Teil in einer Techno-Kultur. »Wenn hier von Techno gesprochen wird, dann in der Funktion als übergeordneter Begriff für das Movement, das diese Musik auslöste« (LAARMANN 1997, S. 256). Ein Movement, das körperliche Bewegtheit als Katalysator für soziale und politische Bewegung nutzt – wie dies Pop-Musik von ihrem Beginn an tut. Techno formuliert dies klar als sein dominantes und ausschließliches Ziel; Techno-Music ist das adäquate Stimulans in diesem Environment. Techno ist jene Musik, die aus der schwarzen Tanzmusik für die Weißen in der Mitte der sechziger Jahre, dem Soul aus Detroit, und den Erfahrungen aus der Rezeption elektronisch erzeugter Pop-Musik, vorrangig aus Deutschland, in den sozialen Randbezirken Detroits entstand und nach Mitteleuropa reimportiert wurde. Seine Herkunft aus der Tanzmusik weist Techno als funktionale Musik, als Stimulans aus. Techno als gänzlich amateuristische Musik lebt abseits seiner historischen wie auch systematischen Bedingungen – eigenbestimmt als Tanzmusik, als funktionale Musik. Als elektronische Musik verwendet sie Termini ohne Bezug zu den historischen Vorbildern der Avantgarde, gebraucht sie naturwissenschaftliche Begrifflichkeit zur parawissenschaftlich esoterischen Begründung ihres Tuns in Natürlichkeit; getragen von einer Generation und einer Szene, die die Herleitung ihres eigenen Tuns nicht kennt, auch nicht zu kennen braucht. Die Verfügbarkeit der Technologie verleitet zum Gebrauch, die Art des Gebrauchs ist großteils den Tools eingeschrieben und wird in der Szene kommuniziert. Das Begehren nach Einführungen in die Akustik und Psychoakustik, nach theoretischen Handlungsanweisungen zur elektronischen Komposition, mit dem das im Zuge seiner Auszeichnung beim Prix Ars Electro-nica 2002 für die mit Soundpartikeln gearbeitete Komposition Poit, Line, Cloud Buch microsound von ROADS (2002) beworben wurde, ist eine Zuschreibung der akademischen Szene an die amateuristische. Diese holt ihre Klangwelt aus dem pop-adäquaten Missbrauch gegen die Vorschrift, vom physikalischen Scratching über die analoge Selbstoszillation von Filtern bis zur Nutzung von Amplitudensprüngen beim digitalen Schnitt, den Clicks, Cuts&Bursts. Obwohl grundsätzlich weiß, stilisiert sich die Szene als schwarz. »Mehr als EBM oder Industrial-Musik, die auch wichtige Einflüsse der Technomusik waren, haben die Roots von HipHop und breakbeat die technologische Totalität mit Soul (Seele), Funk (Sex) und Jazz (Intuition) aufgebrochen und transformiert« (POSCHARDT 1995, S. 148). Techno kennt unzählige Stile und Varianten, Individualität ist sein Produktions- und Distributionsvorzug gegenüber den Majors und ihren auf Mas-sen ausgerichteten Anforderungen. Dennoch, es gibt kleinste gemeinsame Nenner, übergeordnete abstrakte Gestaltungskriterien, die in unterschiedlichen konkreten