328 The exciting Sound of Pop Varianten leben, die Techno als Metabegriff legitimieren: Patterns in high intensity zur unmittelbaren Stimulans. Drum’n’Bass, Samples, Analogsequenzer, die originäre Roland Bassline-Machine TB-303 und die portable Drum-Machine TR-606, die größere TR-808 und ihre Weiterentwicklung als TR-909 sind Realisationstools, ihre Existenz im Techno genügend ideologisierend ausgereizt. Techno ist Maschinenmusik, Klang und Struktur – nicht mehr trennbare Parameter – entstehen aus den spezifischen strukturklanggenerierenden Möglichkeiten, die in der Denkweise der digitalen wie analogen Maschine impliziert sind: Dem Schleifendenken und dem Erzeugen von komplexeren Abläufen durch das Verschachteln von Schleifen im digitalen Loop wie dem Prinzip des voltage controlled circuit, dem gegenseitigen Steuern von Modulen im analogen Bereich. Die Erfahrung der schleifenorganisierten Elemente der Live Elektronik, die die Minimal Music (mit-)initiiert hatte, die Erfahrungen des frühen DJ-ings, wo DJs vorgefertigte Bandschleifen zu Soundclustern organisierten, was später über Samples und eigens dafür gepressten Vinyl-Schallplatten realisiert wurde, beide Wurzeln sind dem Techno selbst fremd; Techno nutzt elektronische Instrumente zur Erzeugung von Wirkung zwischen erregender Monotonie und beruhigendem Stillstand – intensive Klänge und der parallel genutzte Parameter Lautstärke verstärken entsprechend die durch die Struktur erregte Wirkung. Techno wirkt als Stimulans. Ohne Kenntnis wissenschaftlicher Studien über psychoakustische Phänomene wird Techno als Eigenerfindung in szenebestimmender hype gelebt, in pseudowissenschaftlicher Art von seinen Machern legitimiert, was durchaus wissenschaftlich haltbar ist: Techno ist Body-Music und unmittelbar erfahrbar, Techno ist komponiertes acoustic driving. Techno ist in Lautstärke, Rhythmus, Klanglichkeit, Form und Tempo physiologisch rezipierbar; Tempo dient als »natürliches«, stildifferenzierendes Hauptmerkmal. Techno stilisiert sich als technoides Spiel mit high intensities. Dabei ist Techno ein Rückgriff auf Punk und Disco-Synthie-Pop, auf die traditionelle Saiten- und Elektronikinstrumentenwelt. Die Besinnung auf die Gegenhaltung vermittelnde Klanggestalt des Punk bringt high intensities, die Erinnerung an »High-Energy«, einer Musik aus den Tanzpalästen der 70er Jahre bringt die Kompositionsintention funktionaler Pop-Musik der nicht-aufklärerischen Art ein. Die Billigtechnologie ihre Verwirklichung mit elektronischen Klängen auf dem heimischen PC. In die Ausbildungsstudios für elektronische Musik der Musikhoch-schulen dringt zunehmend eine neue Generation aus der Pop-Kultur; mit ihnen zieht die Haltung der Alltagskultur in die elektronische Musik ein und lässt sie mit der User-Haltung des Techno verschmelzen; andererseits tritt High-Tech-Software aus den Studios in die Amateurszene der Hacker. Pan(a)sonic ist eine jener Kreationen, die mit High-Tech-Müll Techno macht und den nur patternorientierten Techno um das Prinzip der gegenseitigen Steuerung als Kompositionsprinzip von elektronischer Musik erweitert. Obwohl grundsätzlich als funktional wirkende Musik ohne zeichenhaften Verweis konzipiert, finden sich im Konzert- und Festivalbetrieb kunstvolle Mutanten, die mit algorithmischen Strukturen und verweisenden Konzepten spielen.