330 The exciting Sound of Pop Artefakten auch bei Hendrix. Die Koppelung des höhenbetonten Marshall-Stacks mit der single-coil Gitarre provoziert Rückkoppelungen und Nebengeräusche; gerade mit jenen spielte Hendrix. Dies impliziert eine gleichsam paramaschinelle Spielweise. Gitarre und Verstärker organisieren sich zur autonomen Maschine, deren Eigenfunktion durch das Spielen (in gewisser Weise auch monoton) modulierend irritiert wird. Was Hendrix aus seiner »schwarzen« Tradition weiter getragen hat, macht ihn auch wieder brauchbar im Techno. Im schwarzen Soul und seiner zum Tanz rei-zenden rhythmischen und klanglichen Gestalt haben Jimi Hendrix und Techno dieselben Wurzeln, die Rhythmusgruppe, wie sie James Brown populär gemacht und Miles Davis dann mit Jazz fusioniert hat. Die von George Clinton produzier-te Platte The P-Funk Guitar Army ist dieserart ein »tribute to Jimi Hendrix« (Masterplan MP 42005 LC 8301). Er selbst fusionierte sich in der Band of Gypsys mit dem Funk-Jazz-Drummer Buddy Miles. Die Gitarre-Floskeln seines rhetori-schen Spielstils (oftmals unisono mit seiner im Zwischenbereich von Sprechen und Singen befindlichen Stimme) stammen aus dem Blues-Gesang-Spiel und nehmen Elemente des Rap vorweg. Oftmals repetitiv und aufgrund geringer Variation fast einem Sampler entsprungen klingend, verschmelzen sie in ihrer endlosen Reihung über einen (dazu in der Grundzählzeit minimal verschobenen) monoton drivenden Rhythmuslayer zu einem Meta-Rhyhtmusmuster; dies war Stilmittel der Band of Gypsys, dieselbe Art der Reihung von in sich rhythmisierten, geloopten »Samples« zu einem Meta-Rhythmus ist ein Prinzip des Techno. Diese innermusikalischen Affinitäten führen nicht nur zu einer gesteigerten Rezeption von Hendrix, diese mag auch markttechnisch erzeugbar sein, sondern zu einer musikalisch begründbaren Einflussgröße auf Techno, die heute gleichsam rückwirkend wirksam wird. Über seine innermusikalische Vorarbeit zur Generierung von Meta-Rhythmen hinweg ist die körperliche Spielart von Hendrix Paradigma des unmediatisierten Spiels mediatisierter Klänge; auch hier besteht eine gemeinsame Schnittmenge mit dem über Interfaces performed Techno. Techno ist die Komposition von driving effects, die unmittelbare physiologische Aktivierung durch Rhythmus, Sound und hohe Lautstärke – darin funktionale Musik. Die Post-Punk Avantgarde des New Yorker Underground fungiert hier als ideo-logischer Vater jener E-Avantgarde wie des Techno zugleich: die Kraft des natur-tongereihten Klanges bewegt. Gepaart mit dem New Age-Glauben wird im Techno damit die unmittelbare Klangwirkung legitimiert. Hier wird Naturgesetzlichkeit als Natürlichkeit zum ästhetischen Gesetz – eine Ideologie, die gerade Techno als deutsches Phänomen doppelbödig ausweist. Sounds und Rhythmen allgemein hoher Intensität sind jene innermusikalischen Parameter, die acoustic driving bewirken, physiologische Erregung annähernd syn-chron zu zeitlichen Veränderungen der musikalischen Parameter (HARRER 1973, 1975; HARRER & HARRER 1985). Techno ist nicht-zeichenhaft verweisendes (DIEDE-RICHSEN 1996) unmittelbares Stimulans durch Intensität (WUNDT 1874), Intensität als Lautstärke wie als obertonreiche dichte Klangqualität wie rasend pulsierender Rhythmik.