350 The exciting Sound of Pop Veränderungen durch technologische Entwicklungen seit der Industrialisierung bzw. Mediatisierung haben vor allem mit der Erhöhung der Geschwindigkeit (VIRILIO 1993) und Digitalisierung das körperbedingte mechanistische Paradig-ma irritiert, die Rolle des Körpers verändert – passiv analysierende Interpretation (vor allem in der raum-zeitlichen Organisation unserer Umwelt) und seine hedonisch steuernde Qualität sind vor seinen mechanischen Fähigkeiten bedeutsam gewor-den. Interaktivität brachte den Körper forschend in diese neue Welt ein. Über unterschiedliche Sensorien kontrollierte Body-Environment-Interaction führt zu unterschiedlichen Denkarten über die Welt, reflektiert in den Medienkünsten, zu-nehmend genutzt in immersiven intersensorischen Environments. Hedonismus stellt den Körper als Medium ins Zentrum, der die Leistungen der Sensorien überstrahlt und Willkürlichkeit lenkt – die Logik des Auditiven scheint dieser entkörperlichten Welt adäquat zu sein (JAUK 2000a). Pop hat hier avantgardistische, methodische und politische Arbeit geleistet gegen idealistisch bürgerliche Minderwertung des Körperlichen und seines Lustprinzips, dessen Einschränkung und Sanktionierung zur Kontrolle politischer/persönlicher Freiheit. »Kunst und Leben finden im multisensorischen, hedonisch motivierten Interakti-onsverhalten des Menschen mit seiner Umwelt im Wahrnehmen wie im Gestalten zusammen. Kunst hat sich von Künstlichkeit befreit, Technik verhilft den Gegen-satz zu Natürlichkeit aufzuheben« (JAUK 2003b, S. 44). Der ästhetisierte Alltag unserer Erlebnisgesellschaft ist durch hedonisch geregelte multisensoral empfindbare intensive Ereignisse geprägt – Pop-Musik ist das Paradigma dieser unmediatisierten direkten Erlebnis- aber auch Produktionsformen in vermehrt virtuellen Communi-ties. Pop ist hedonische Körperkunst in Generierung wie Rezeption und darin nicht nur Teil einer informalisierten demokratischen Gesellschaft (BROWNE 1984) eines emotionalen als kulturellen Klimas (ELIAS 1992), Pop ist Paradigma und darin Über-höhung von Musik, hedonische Gestaltung von bedeutungsneutralen syntaktischen Elementen (BERLYNE 1970, 1971, 1974). Das Verhältnis von Spannung – Lösung ist nicht nur der Ursatz abendländischer Musik (SCHENKER 1935), es bedingt auch die Gestaltung von Codes. Pop als erregendes und darin ästhetisches Phänomen ist wesentlich durch die Entwicklung von Instrumentarien geprägt (WEBER 1921). Diese Instrumentarien stehen in unterschiedlicher Nähe zum Körper. Pop ist damit ein Mediatisierungsphänomen, das Interfaces in der Körper-Erregungs-Koppelung als Modell dient. Pop hat darin die Ausdrucksform, die Aktion, die Performance und diese eingebunden in soziales Verhalten, die gemeinsame informelle Gestaltung, als Ereignis im Happening weitergeführt. Das soziale Surrounding von Pop ist im Verein mit dem Informalisierungsschub mit Demokratisierung verbunden – die neuen digitalen Net-Technologien sind darin die Fortführung der Polyphonie als Formalisierung des Wir (ADORNO 1947) wie des Schaffens aus dem Wir, dem Kollektiv, der Band in den sechziger Jahren. Letztlich ist Pop Paradigma der digitalen Kultur als Transgression des Mecha-nistischen (JAUK 2003a) als Denksystem gewordene Erfahrung (LEVY 2000) der erweiterten Wahrnehmung aus einer durch Virtualisierung neuen Körper-Umwelt- Interaktion (GIBSON 1982), die den Körper zentral in Frage stellt: die Hierarchie