1 Medienkunst – Wahrnehmung der Wahrnehmung entkörperlichter Welten und ihre Formalisierung in Musik Das Interesse an Wahrnehmung als Filter der Körper-Umwelt-Interaktion wie als Erfahrung, die ein Denksystem hervorbringt, das wiederum als kognitiver und motivationaler Filter der Wirklichkeitsrekonstruktion in der Wissenschaft wie der Wirklichkeitskonstruktion in der Kunst wirkt, verbindet Wissenschaft und Kunst, macht Kunst forschend. Die Veränderungen der Wahrnehmung und der daraus resultierenden Denkweisen über Wirklichkeit durch technische Hervorbringungen, durch Extensionen des Kör-pers, Instrumentarisierungen wie Mediatisierungen, sind Thema der Medienkünste. Mit dem gleichen epistemologischen Interesse wie die Wissenschaft erforscht Medienkunst jene den geänderten Bedingungen adäquate Lebensbewältigungsstra-tegien. Anstelle der Modifikation einer entsprechenden Theorie der Medienkunst aus der Bildenden Kunst als Formalisierung der visuell kontrollierten Körper- Umwelt-Interaktion ist der Paradigmenwechsel zu vollziehen: die Annahme einer Alternativtheorie, die die geänderten Bedingungen beschreiben und erklären kann. Musik wird damit zum Modell der Theorie der Medienkünste. Die Erhöhung der Geschwindigkeit hat die Reduktion der Zeit zum Jetzt und (damit) des Raums zum Hier gebracht. Die Logik des Auditiven, als Formalisierung der Wahrnehmung der Zeitgestalt Klang in der Zeitgestalt Musik, ist auch die Basis einer spezifischen Raumwahrnehmung durch die Analyse des Verhaltens von Klang in der Zeit, seiner Veränderungen bedingt durch Dämpfung und Brechung während der Schallausbreitung; die spezifische, passiv analysierende Art der auditiv kontrollierten Raumwahrnehmung ist ein Paradigma der Körper-Umwelt-Interaktion in informationsbasierten Ereignisräumen. Die Bezeichnung Raum ist damit mehr als eine metaphorische, mit dem auditiven Raum findet sich eine erfahrungsbasierte Größe in dieser technisch bedingten neuen Interaktion vor. Digitalisierung schafft schließlich die Repräsentanz wie die Generierung von Wirk-lichkeit mittels eines Code-Systems. Im Übergang vom Ausdrucksverhalten und seinem unmediatisierten klanglichen Korrelat zur Generierung künstlicher Klang-welten durch ein willkürliches Code-System ist Musik als Mediatisierungsphänomen dafür paradigmatisch, die Musik- als Medienwissenschaft eine geeignete, weil theo-retisch und methodisch gerüstete, Ausgangsdisziplin zur Erforschung virtueller Welten. Die Instrumentarisierung des Ausdrucksverhaltens als intuitives allgemeinver-ständliches Kommunikationsmittel, das originäre Musizieren des Pop, ist Basis kommunikativer performativer Interaktionsprozesse der vernetzten Künste. In-strumentarisierte Ausdrucksprozesse sind vor allem Interfaces in eine Welt der entmediatisierten, bedeutungsneutralen Codes, geregelt nach deren strukturbedingt empfundener Spannungsqualität.