368 Der hedonische Körper in der Gestaltung von non-mechanischen Prozessen Spezifka der Wahrnehmung der Zeitgestalt Klang,1 das In-Beziehung-Setzen von Ereignissen im psychologischen Moment und deren sukzessive Reihung, formalisie-ren sich als spezifisches, als »beziehendes Denken« in Musik. Die Klang-Körper- Koppelung wird in der hedonischen Regelung von Strukturen willkürlicher Zeichen und dem Zuwendungsverhalten zu ihnen sowie in der körperlichen Gestaltung und Rezeption von Sound in der musikalischen populären Körperkultur wirksam. Damit gehen aus der um den Körper erweiterten Wahrnehmung des Klanges Paradigmen der digital culture hervor – in Kunst und Leben. Die Erregungskoppelung macht Sound zum tragenden Element der hedonischen Kultur, sie macht Sound zum immersiven Element der Interface-Technologie, des Zugangs zu willkürlichen Welten, sie macht Sound zum gestaltenden Element in dieser Welt der willkürlichen Codes. Abgekoppelt vom Körperbezug ist diese will-kürliche Welt letztlich wiederum an die Körperlichkeit gebunden: Ein mechanisches Verständnis des Körpers weicht dem hedonischen – Musik als Formalisierung des hedonisch bestimmten Körper-Klang-Bezugs wird darin modellhaft für die Gestal-tung/ Rezeption der Codes in einer mediatisierten Welt. Mediatisierung als Entfernung von der Körperlichkeit und Musik Entwicklungen der Technik haben mechanische Ereignisse der menschlichen Wahr-nehmung entzogen und damit die Transgression des an der Körper-Umwelt- Interaktion erlernten mechanischen Systems erbracht. Die Erhöhung der Geschwindigkeit hat nicht nur die Bewegungsmöglichkeit des (selbst instrumentarisierten) Körpers überschritten, sondern auch die Auflösungs-grenzen, die uns aus Bewegung die Vorstellungskategorie Zeit liefern. Erhöhung der Geschwindigkeit als Dynamisierung hat im Gefüge von Distanz-Zeit-Energie ein geändertes Zeit- und damit Raumempfinden und davon abgeleitet eine geänderte Vorstellung von Raum, nunmehr Kommunikationsräumen, als erlebnisbedingte Implikation. Digitalisierung hat schließlich eine Welt geschaffen, die dem Willen anstelle der Natur unterliegt. Die Medienkunst thematisiert diese durch techni-sche Innovationen bedingte neue Wahrnehmung (als letztlich dennoch körperliche Interaktion mit) der geänderten Welt und die daraus resultierenden Imageries. Ein Teil der Medientheorie hat mit der Dynamisierung der Künste ihre Musikali-sierung geortet (RÖTZER 1991; FLUSSER 1985; CHARLES 1989). Die Erfahrung der Rezeptionsweise elektronischer Medien lassen McLUHAN bereits in den sechziger Jahren die Parallele zwischen dem stets um uns befindlichen Hörraum und dem elektronischen Raum ahnen – beide induziert durch Ereignisse in ihnen – und damit eine zunehmende Wichtigkeit des Auditiven (McLUHAN 1995). Der elektronische Raum von damals ist heute der Net-Space, ein gänzlich durch Kommunikation gekennzeichneter Raum, in dem Zeit und Distanz keine Rolle mehr spielen und damit 1 In der zeitlichen Gestaltung des Klanges ist auch Information über sein räumliches Verhalten; diachrone Bezüge informieren somit auch über synchrone – letztlich stehen beide in einem dynamisch systemischen Bezug, wie Musik diesen formalisiert.