369 ein mechanistisches Verständnis des Raumes in der Wahrnehmung überwunden wird. Eine wesentliche Implikation des Kommunikationsraums ist die Gestaltung aus kommunikativem Verhalten. Polyphonie als in dem Miteinander des Wir entsprun-gen erhält als Formalisierung der Gestaltung aus nonverbaler Kommunikation in Musik im kollektiven Schaffen, im »get together« neue Bedeutung – die kollektiv improvisierende Musik war am Geschehen des Hier und Jetzt und nicht an dessen Produkt interessiert. Diese ist modellhaft für die Künste des Flüchtigen (Fluxus) und des Unmittelbaren (vom Informel bis zu Pop). Am Vorbild der wechselseitigen Steuerung prozessualer technoider Künste ist mit dem digit die algorithmisch willkürliche, weil von jeglicher äußeren Bestimmtheit gelöste Gestaltung und damit Musik als Zeichensystem ins Zentrum der Neuen Künste gerückt. Das common digit hat die sensorisch definierten Künste zugunsten allgemein formaler überschritten (JAUK 1999b, 2000a, 2003a,b). Veränderungen künstlerischer und soziopolitischer Art sind – vor dem »Boom« der elektronischen Künste in der Technologiegläubigkeit der »modernen« sechziger Jahre erprobt – im Futurismus als Programm angelegt. Sie haben sich im Laufe des 20. Jahrhunderts gemeinsam mit wissenschaftlichen und marktwirtschaftlichen, schließlich politischen Bedingungen zunehmend erfüllt und sind ins allgemeine Leben eingedrungen. Die Dominanz der bildorientierten Medienkunst bietet nur einen kleinen und unzureichenden Einblick in diese Alltagskultur; unzureichend, weil sie gerade die spezifischen Mechanismen der Alltagskultur rund um massenkommuni-kationsfähigen Hedonismus zugunsten der Betrachtung »höherer« Lebensweisen als zeichenhaft rational bestimmte ausschließt, wenn sie die populäre Musik aus dem Diskurs der Medienkunst ausgrenzt (GSÖLLPOINTNER & HENTSCHLÄGER 1999). Für die Welt der Musik selbst ist ihre (größere) Nähe zur Medienkunst wenig interessant. Der Ausschluss der Musik aus der Theorienbildung der Neuen und Medienkünste begünstigt deren Einengung auf mechanistische Vorstellungen; der Ausschluss der populären Musik führt zu idealistisch rationalen Vorstellungen – kommunikatorische und hedonische werden vernachlässigt. Dies betrifft vor allem die Problematisierung des Flüchtigen, des Ereignisraums, des kollektiven und körperlichen Gestaltens und der marktwirtschaftlichen Mechanismen wie des Betriebssystems der Massenmedien als gestaltende Größen; Pop-Musik lebt von Anfang an in Symbiose mit ihnen. Musik ist hinsichtlich ihrer Generierung wie Wahrnehmung hedonisch, Pop hin-sichtlich seiner körperlich lustvollen Basis und darin Instrument des Zugangs zu virtuellen Welten wie Potenzialität zur Massenerscheinung ein notwendiger Teil der gesellschaftlichen Lebensform Pop-Culture.