5 Hedonisch musizierendes Körperverhalten – Paradigma des Pop und Interaktionsform der digital culture Pop verkörpert hedonisch musizierende Formen – er steht im Zentrum der hedoni-schen Erlebnisgesellschaft. Möglicherweise ist es das nicht Sprachhafte, das nicht Symbole für die Kommu-nikation als Zeichen von Inhalten nutzt, sondern den Ausdruck, die unmittelbare Erzeugung dessen, was auszudrücken, zu kommunizieren ist, was durch die Setzung eines Stimulus das Populäre des Pop ausmacht. Dieser Stimulus ruft den Eindruck als Reaktion hervor, dieser Effekt ist basal und allgemeingültig. Klang ist dazu fähig, er kann etwas erregen, bevor er etwas bedeutet, bevor er als Zeichen Inhalte kommu-niziert; er erregt als Stimulans direkte körperliche Zustände, die als Kommunikation von Gefühlen erlebt werden, Musik ist Organisation von bedeutungsneutralem, stimulierendem Klang, Pop ist unmittelbare Klanggestaltung aus Erregung und zur Erregung. Pop ist nicht eine in Zeichen gesetzte Musik, die es klanglich zu realisieren gilt, Pop ist auch vor dem elektronischen shaping des Sounds direktes körperhaftes Spiel mit Sound: Der Körper ist das Interface, das in der Generierung von Klang nicht nur Feedback kontrolliert und damit unmittelbar Sound formt. Auf originäre Formen des Musizierens rekurrierend ist pop-musikalisches Musizieren die emotions- /situationsbedingte Koppelung von Klang und Körper über seinen physiologischen Erregungszustand. Diese ist im Rahmen sprachorientierter Modelle ein ikonisches Zeichen, das auch ausdruckspsychologisch interpretierbar ist; es bezieht sich auf jene anthropologischen Ansätze, die instrumentarisiertes Ausdrucksverhalten (BLACKING 1977) einerseits, die andererseits die Kultivierung von Ausdruckslauten (KNEPLER 1977) als Ursprung der Musik erachten; eingekleidet in funktionale Zusammenhänge wurden bestimmte Formen tradiert. Pop nutzt beide unmittelbaren Ausdrucksfor-men, die in hohem Maße befreit sind, von den tradierten kulturellen Überformungen. Technologische Interfaces gehen den Weg der Mediatisierung als Entfernung vom Körper gleichsam zurück – Pop ist ein Modell dafür. Insgesamt tritt mit Pop und den neuen technischen Möglichkeiten eine Renaissance des im Idealismus verbannten Körpers ein – jedoch abseits seiner mechanischen Möglichkeiten als hedonisches Regulativ von Gestaltung. Zusätzlich zu den mathematischen Reihungen über algorithmische Prozesse und andere formale Aspekte der Generierung treten nun über die technischen Möglichkei-ten der direkten Klanggestaltung nicht die (einschränkend) vorgegebenen material-bezogenen/ physikalischen Eigenschaften, sondern deren hedonischer Erlebnis-Wert in den Mittelpunkt künstlerischer Prozesse. Musizierendes Verhalten (gerade des Pop) wird als Paradigma der Körperkünste erachtet, ist Modell vieler Performance-, und Body-Arts und im kommunikativen Zusammenhang Modell von interaktiven Kommunikationskünsten, Events und kollektivem Gestalten.