6 Formalisierung der Spezifika der auditiven Wahrnehmung als Paradigma der digitalen und Medienkünste Hedonismus ist die Kraft der Verführung hinter massenhaften Phänomenen der sozialen und politischen Wirklichkeitsbildung einer Erlebnisgesellschaft. Hedonismus findet eine interne Begründung als motivationale Größe in der Rei-hung von syntaktischen Elementen, der Organisation von Codes. Technische In-novationen haben die Umwelt der Menschen und damit ihre Wahrnehmungen als Körper-Umwelt-Interaktionen irritiert und neue Erfahrungen geschaffen, neue Wirklichkeitskonstruktionen. Kunst, Medienkunst ist die (systematische) Wahrnehmung der Wahrnehmung. Damit thematisiert sie die Wahrnehmung jener durch die Industrialisierung, Tech-nologisierung, Mediatisierung bedingten Umweltbedingungen – aber auch die Rück-wirkung dieser Bedingungen auf die Wahrnehmung: Dynamisierung und damit die Veränderung der Wahrnehmung von Zeit und Raum und die zunehmende Einsicht in die komplexen Beziehungen der Dinge zueinander im systemischen Verhalten sozialer und wirtschaftlicher Prozesse in Ereignisräumen. Schließlich betrachtet sie sich selbst als Teil einer letztlich politisch zu wertenden Massenerscheinung in einem ästhetisierten Alltag, in dem Hedonismus vor Zweck gewertet wird. Digitalisierung schafft eine willkürliche entkörperlichte Welt. Medienkunst thema-tisiert die »Wahrnehmung« der Welt der Codes, die sich der körperlichen Erfahrung entzieht. Musik, Pop-Musik kann für sich beanspruchen, all diese Parameter zu thematisieren bzw. deren Formalisierung zu sein und weiterhin Eigenschaften in sich zu tragen, die schließlich sie selbst als Massenerscheinung begünstigen. Dennoch, die Diskussion der Medienkunst und ihrer Theorie ist dominiert aus dem Blickwinkel der Bildenden Künste und ihrer damit domestizierten Derivate. Die mit der »Sicht der Dinge« verknüpfte Bildende Kunst ist im Mechanistischen verhaftet und darin beschränkt. Damit ist sie verknüpft mit den Entwicklungen der technoiden Künste und der technologischen Innovationen und auf diesem Wege ins breite Bewusstsein der Kunsttheorie gedrungen. Sie haben Einiges möglich gemacht, was zuvor gedacht wurde, sie haben jedoch auch Einiges durch die technische Hand-habe von der theoretischen Innovation durch die Beschränkungen des (jeweiligen) technischen Status Quo auf das Machbare reduziert und die theoretische Diskussion auf das Mechanistische fokussiert – primär aus den kinetischen Künsten – betrieben. Vor den durch die technologischen Entwicklungen möglich gewordenen Realisie-rungen der Reflexionen von Wahrnehmung in den elektronischen Künsten finden sich theoretische Arbeiten, die klangliche und musikalische Wahrnehmung mit den Spezifika der neuen technoiden Künste zusammenführen (vgl. McLUHAN 1995, RÖTZER 1991, FLUSSER 1985, CHARLES 1989). Das technoide Denken POPPERs (1991), seine hartnäckige Orientierung am mechanistischen Prinzip der Kybernetik und den kinetischen Künsten (POPPER 1975, POPPER 2005) dominiert jedoch eine