384 Wahrnehmung als Prozess der Vermittlung 1970, 1971, 1974) oder einfach ob ihrer wahrgenommenen Intensität erregend erlebt, da ein entsprechend adaptiertes Sensorium fehlt, insgesamt als sensorische Ereig-nisse unmittelbar körperlich rezipiert. Die dem Sprachverständnis der kognitiven Perzeption folgende Verknüpfung von Wahrnehmung und Erkennen wird dann der Verknüpfung von Wahrnehmen und körperlich Erleben zufallen. Gerade hinsichtlich des Raum- und Zeiterlebens als Artefakt der körperlich aktiven bzw. passiven Ereignisverarbeitung sowie der dahinter liegenden Motivationen unterscheiden sich hier die visuelle und auditorische Wahrnehmung, was dann für die Wahrnehmung mediatisierter Information im elektronischen (McLUHAN 1995) und Net-Space (JAUK 1999b) von Belang sein wird. Wahrnehmung ist grundsätzlich etwas Relationales, das In-Beziehung-Setzen von sich verändernden Ereignissen. Es ist damit das Zusammenspiel von motiviert infor-mationsgenerierender Wahrnehmungstätigkeit und einer kognitiven Verarbeitung derselben als Denkleistung. Wahrnehmung ist jener zentraler Mechanismus, der Wissenschaft und Kunst miteinander verbindet, Wahrnehmung als Leistung eines sensorischen Systems, als Leistung eines motivational in seinem Verhalten gelenkten Individuums, eingebun-den in ein soziales, ökonomisch/politisches System; Wahrnehmung als ein Prozess, der zunehmend technisch instrumentarisiert ist. Denksysteme, »logics«, sind mit Wahrnehmung verwoben – sie sind Ergebnisse von Wahrnehmungen wie Eingangs-bedingungen in Wahrnehmungen. Denksysteme manifestieren sich in menschlichen Hervorbringungen. Sprache/Schrift ist die Manifestierung der Logik des Visuel-len, Musik die Manifestierung der Logik des Auditorischen. Die Analyse dieser Zeichensysteme als kulturelle Transformation von Wahrnehmungen legt diese Denk-systeme frei – sie sind Indikatoren der Formalisierung einer sinnesspezifischen Körper-Umwelt-Interaktion, die hinsichtlich der Aktivität des Körpers grundsätzlich unterschiedlich sind. Die medientheoretische Wende, der Sprung von der zeichenhaften Repräsentation der Welt zu ihrer zeichenhaften Generierung über die Neuen Medien, geht einher mit der Überschreitung des mechanistischen Weltbildes. Durch neue Technologien erhöht sich Geschwindigkeit über das Maß des Fassbaren, Raum und Zeit sind keine diese geänderte Wirklichkeit erklärenden (nützlichen) Kategorien der Anschauung mehr, sie schrumpfen zum Hier und Jetzt, sie implodieren zur all-at-onceness (McLUHAN 1995). Willkürlichkeit hat den Horizont der Erfahrung über jenen erweitert, wo aus körperlichen Interaktionen mit physikalischen Außenbedingungen Kausalität als Faktor der Strukturierung gedacht wurde, was im mechanistischen Denken sich manifestiert (LEVY 2000). Abseits der Logik der »Sicht der Dinge« wird der willkürlich/non-mechanistisch gestaltete Prozess Musik als Indikator der Logik des Auditorischen zum Modell für eine Theorie der Neuen Medien. Klang ist in sich zeitlich, Musik formalisiert dies als Zeitkunst, Klang ist räumlich, die Objektivation findet sich im musikalischen Raum. Musik als zeitliches und räumliches Ereignis wahrzunehmen, bedingt stete Relationen her zu stellen, damit ist Musik die Formalisierung »beziehenden Denkens« (RIEMANN 1914/15), zeitgemäßer formuliert, ein systemisches Gefüge, das durch Relationen generiert wie rezipiert wird.