8 Die technologischen Bedingungen der Irritation und Transgression des mechanistischen Systems: Dynamisierung und Digitalisierung McLUHAN (1994) differenziert nicht zwischen Instrumentarisierung und Mediatisie-rung, er fasst beides als »any extension of man« auf und sucht das Gemeinsame ihrer Wirkung auf die Wahrnehmung und Vorstellung der Welt. In der vorliegenden Arbeit wird Instrumentarisierung als Verlängerung des Kör-pers, seiner unmittelbaren emotionalen Ausdrucksweisen erachtet. Diese Instrumen-tarisierung ist als originäres Musizieren Basis Pop des Pop und Modell intuitiver immersiver Interfaces. Wenn auch dieses Ausdrucksverhalten und die damit ermöglichten Interaktionen mit anderen Individuen in Musik objektiviert wurden, also deren Instumentarisie-rungen in Musik enthalten sind, ist Mediatisierung wesentlich die Herausbildung von Codes mit deren Hilfe willkürliche Welten gebaut werden können, zunächst willkürliche musikalische Strukturen und damit indirekt Klänge, mit den Digital Codes nun willkürliche Klänge selbst. Die hedonische Gestaltung musikalischer Codes ist modellhaft für die Gestaltung bedeutungsneutraler Codes insgesamt. Musik als System von Codes ist in zweierlei Art Modell willkürlicher, also non-mechanistischer virtueller Welten: Musizieren dient dem instrumentarisierten Aus-drucksverhalten als Modell, dem intuitiven Zugang zu virtuellen Welten und findet darin seine Formalisierung. Musik ist Modell der (hedonisch geregelten) Strukturie-rung von willkürlichen Codes. Musik als Modell medialer und digitaler Künste hat nicht nur beschreibenden und erklärenden Wert, Musik bietet auch erfahrungsbasier-te Imageries, die über den Erkenntniswert hinaus auch Modelle für das menschliche Verhalten in solchen Welten bieten. Die Erfahrung der maschinellen Beschleunigung findet in der Dynamisierung des Bildes zuerst ihr unmittelbares Abbild, weiterhin ihre Reflexion. Implizit ist vielen künstlerischen Äußerungen, dass mit der Erhöhung der Geschwindigkeit der Bezug des Körpers zu unserer Umwelt irritiert ist. Prinzipiell ist dadurch unser aus der Körper-Umwelt-Interaktion gelerntes mechanistisches System irritiert: Das Gefüge von Geschwindigkeit-Zeit-Distanz. Neben der unmittelbaren Veränderung der Zeitempfindung wirkt sich diese Irritation primär auf die Raumempfindung aus und damit auf die Denkkategorie Raum. Aus Interaktion des körperlichen Ich mit der Umwelt hervorgegangen, mutiert nun das Verständnis von Zeit, Raum und dem Ich als Implikation der zunehmenden Geschwindigkeit. Abseits der Konvertierung physikalischer Realität in ein System von Codes, abseits der Simulation physikalischer Zustände in Codes wird Virtualität als willkürliche Strukturierung von Codes das mechanistische System zu einem immateriellen ma-chen. Folgen sind die Irritation des mechanistischen Systems durch die Erhöhung der Geschwindigkeit, seine Transgression durch die Digitalisierung. Musik als For-malisierung der akustischen Wahrnehmung (wie der klanglichen Interaktion) und