406 Bedingungen der Irritation und Transgression des mechanischen Systems durch Stimuli, deren Qualität raumbedingten Veränderungen ähnlich oder gleich ist – Perspektive ist ein Phänomen des Denkens auf der Basis der Erfahrungen raumbedingter Modulation von Stimuli, eine sekundäre Interpretation des Zustandes von Stimuli. Nicht nur Sekundärinterpretation ist relationales Denken, das Mitdenken von Erfahrungen, des Kontextes oder auch nur das Erzeugen von Kontexten, die in die Erfahrungen einkleidbar sind (SHERIF 1935). Im Sinne kognitiver Theorien ist die menschliche Wahrnehmung stets die einer Reizkonfiguration auf der Basis bisheriger Erfahrungen. Bedeutungen von Stimuli sind demnach aus dem Vergleich mit der Erfahrung ähnlicher Stimuli und dem jeweiligen Kontext gegeben. Ding-konstanz scheint gewisse invariante Beziehungen innerhalb der Komponenten der Reizkonfiguration zur Grundlage zu haben. Objektabbilder (Icons auf der Retina) werden mit der modifizierenden Größe Distanz aus der Erfahrung heraus hochgerechnet. Ein Experiment mit Spielkarten normaler, doppelter und halber Größe zeigt, dass bei fehlenden Einschätzungen der Umgebung eine Überstrahlung der Erfahrung um die Größe von Karten auftritt und die unterschiedlichen Größen als entfernungsbedingt, als perspektivisch verzerrt, interpretiert werden (ITTELSON 1951). Die Wahrnehmung von Größenkonstanz bedingt die Möglichkeit der Einschätzung der Entfernung. Die Sekundärinterpretation von Klangfarbe als Distanzmaß ist ein vergleichbares Phänomen. Klangfarbe und ihre unterschiedlichen Aspekte sind grundsätzlich durch verglei-chende Prozesse wahrnehmbar. Die Wahrnehmung von Klangfarbe ist durch die vergleichende Analyse ein zeitliches Phänomen. Das In-Beziehung-Setzen von Teilen innerhalb des Klanggefüges erlaubt die Tonhöhenextraktion, das In-Beziehung- Setzen der Veränderung von Klangfarbe indiziert räumliche Gegebenheiten. 8.2.2.2 Klangfarbe, Tonhöhe und Raum Tonigkeit und Helligkeit seien zwei Aspekte von Klangfarbe (HORNBOSTEL 1926), die in ihrem Zusammenspiel das Tonhöhenphänomen ausmachen beschreibt REVESZ (1946) in Form eines räumlichen Modells. Tonhöhe als eine Auswertung der Klangfarbe steht aufgrund der Ergebnisse psychologischer Untersuchungen eindeutig in einer synästhetischen Beziehung zur Position auf der y-Achse des kartesianischen Raums. Klangfarbe und Tonhöhe sind unterschiedliche Interpretationen der Struktur eines Klanges. Abgesehen von dem Nachvollziehen der Beziehung von Klangspektren in der Zeit, manifestiert sich auch im Prozess der Tonhöhenerkennung von Klängen (im Klanggefüge) auf sensorischer Ebene das Vergleichende der Wahrnehmung. Ton-höhenerkennung ist die Extraktion von Relevantem, in ihrer Beziehung sinnvollen Teiltönen, aus Teilkomponenten, die entweder naturgemäß physikalisch vereint als ein Klang oder bloß durch die Gleichzeitigkeit vereint als Klangkonglomerat auftre-ten. TERHARDT (1998, S. 307ff.) nennt dieses Zusammenspiel von Objektanalyse und Objektsynthese der Tonhöhenerkennung an den relevanten, in ihrer Beziehung sinnvollen Teiltönen einen basalen Extraktionsprozess in der Tonhöhenerkennung im musikalischen Gefüge auf der Basis von Vergleichen.Tonhöhe und Klangfarbe